Wärmeversorgung
Die Wärmeversorgung ist bei vielen Hochschulen durch die Nutzung fossiler Brennstoffe für die meisten Emissionen verantwortlich. Häufig gehören zu den Liegenschaften auch alte Gebäude, welche eine schlechte Gebäudedämmung, ineffiziente Heizsysteme und veraltete Fenster aufweisen. Durch gezielte Maßnahmen können im Bereich der Wärmeversorgung viele Emissionen reduziert werden. [1]
Hauptanwendungen für Wärme sind:
- Heizen
- Klimatisierung
- Warmwasser
- Prozesswärme
- Kälteerzeugung [2]
Neben den oben genannten Faktoren können überschüssige Verbräuche in diesem Bereich auch durch suboptimales Nutzer*innenverhalten entstehen, wie zum Beispiel offenstehende Türen und Fenster und gleichzeitige Benutzung der Heizkörper. [1]
Um die Emissionen aus der Wärmeversorgung zu reduzieren, können Hochschulen folgende Maßnahmen treffen.
Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen
Energiemanagement
Um die Wärmeenergie der Hochschule zu reduzieren, muss sichergestellt werden, dass die Wärmeenergie gemessen wird. Technik, welche die differenzierte Betrachtung der Verbräuche der Liegenschaften ermöglicht, sollte installiert werden. [1]
Die Nutzung eines Energiemanagementsystems ermöglicht es, die gesamten Verbräuche eines Gebäudes zu überwachen, zu analysieren und zu steuern. Die Nutzung von intelligenten Gebäudeautomationssystemen führt zu einer effizienteren Nutzung der Heizungs-, Lüftungs-, und Klimatechnologien. [1] Ein Handbuch zur Unterstützung bei der Einführung eines Energiemanagements in Hochschulen inklusive Praxisbeispiel findet sich hier.
Bauliche Maßnahmen
Bei baulichen Maßnahmen kann das seit November 2020 in Kraft getretenen Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz – GEG vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728)) herangezogen werden. [3]
Die Hochschulen müssen den Anforderungen des GEG (Gebäudeenergiegesetz) und der damit verbundenen Vorschriften gerecht werden, die unter anderem Folgendes umfassen:
- Für Sanierungs- und Neubaumaßnahmen gelten baubezogene Regelungen sowie die Notwendigkeit von Energieausweisen für Gebäude und die Einhaltung von Standards für "Niedrigstenergie-Gebäude". [3]
- Energetische Sanierung nach Energieeinsparverordnung oder Passivhausstandards, verbesserte Gebäudedämmung, Energiesparfenster, Energiespartüren, energieeffiziente Heizkörper [1]
- Die herausragende Bedeutung der "Vorbildfunktion der öffentlichen Hand", wie sie in § 4 des GEG bzw. § 1a des EEWärmeG und EnEG § 2a (Niedrigstenergiegebäude) gefordert wird, ist zu betonen. [3]
Größere Maßnahmen
- Nutzung erneuerbarer Energien wie Solarthermie, geothermische Wärmepumpen, Abwasserwärmenutzung, Blockheizkraftwerk mit Biogas oder anderen nicht-fossile Brennstoffen, Holzpelletheizung, Holzhackschnitzelheizung. Für alle Heizsysteme gilt, dass die Rohstoffe möglichst regional bezogen werden sollten.[1][4]
- Biomasseheizsysteme liefern nur zeitverzögert und undifferenziert Wärme für das Heizsystem. Daher ist es ratsam diese in Kombination mit einem Pufferspeicher zu nutzen, welcher auch bei niedrigem Wärmebedarf und stark schwankenden Temperaturen (Frühjahr und Herbst) eine optimale Versorgung mit Wärme bereitstellt. [4]
Kleine Maßnahmen
- Sensibilisierung der Hochschulgemeinschaft für den sparsamen Umgang mit Wärme (Hinweisschilder zur Schließung von Türen, Regeln zum richtigen Lüften) [1]
- Optimierung der Raumtemperatur, angepasst an die Tätigkeiten, die in dem jeweiligen Raum ausgeführt werden. Bei der HNE Eberswalde und der HU Berlin wird zum Beispiel die Raumlufttemperatur in Räumen, in denen überwiegend leichte und sitzende Tätigkeiten ausgeführt werden, auf 19° C reguliert. [3][5]
- Nacht- und Wochenendabsenkung der Heizungssysteme [5]
- Effiziente Raumnutzung und -verwaltung, um den Energieverbrauch in wenig genutzten Bereichen zu reduzieren [1]
Rebound-Effekt
Zu beachten ist, dass die Steigerung der Energieeffizienz auch Rebound-Effekte auslösen kann. Die Implementierung energieeffizienter Heizungssysteme kann zu einer paradoxen Situation führen, in der Einsparungen bei den Emissionen durch eine verstärkte Nutzung oder erhöhte Temperatureinstellungen unwirksam werden. [6] Dem kann man durch gezielte Informationskampagnen und gut sichtbare Info-Schilder entgegenwirken. [7][8]
Indirekte Emissionen
Indirekte Emissionen sind solche, die nicht direkt von der Hochschule selbst, sondern von einem externen Unternehmen stammen, das für die von der Hochschule genutzten Ressourcen verantwortlich ist. [4] Im Bereich der Wärmeenergie sind es zum Beispiel die Materialien, die für Solarthermie oder Wärmepumpen gebraucht werden. Daher ist es wichtig, die Produkte mit ihrem gesamten Lebenszyklus zu betrachten und alle Emissionen miteinzubeziehen. Eine Strategie zur nachhaltigen Beschaffung kann in diesem Bereich helfen.
Praxisbeispiele
Umwelt-Campus Birkenfeld
Alle Liegenschaften des Umwelt-Campus Birkenfeld werden mit erneuerbaren Energien versorgt. Wärme und Strom werden in einem nahegelegenen Holzhackschnitzelheizkraftwerk aus lokalen Althölzern klimaneutral und effizient erzeugt. Die Kraft-Wärme-Kopplung, die eine gleichzeitige Produktion von Strom und nutzbarer Wärme ermöglicht, nutzt auch Abwärme effektiv, was zu einer hohen Gesamteffizienz des Systems führt. Die erzeugte Wärme versorgt nicht nur alle Gebäude auf dem Umwelt-Campus, sondern auch angrenzende Unternehmen, was das Potenzial von Synergien deutlich zeigt. Zusätzlich werden Wärme und Strom aus einer Vergärungsanlage bezogen. Diese produziert aus Abfällen aus der Region, auch vom Umwelt-Campus selbst, Biogas und Kompost. Der Prozess dahinter ist auch die Kraft-Wärme-Kopplung. Des Weiteren bezieht der Campus Ökostrom und erzeugt 50 % des Strombedarfs großflächige Solaranlagen auf Dächern und an Fassaden. [9]
Technische Hochschule Mittelhessen
Die THM setzte am Standort in Gießen im Jahr 2022 ein Projekt zur Abwasserwärmenutzung um. Das die Abwasserwärme durch Wärmetauscher und Pumpen zum Heizen benutzt werden kann, ist nicht neu, allerdings wird es in Deutschland sehr wenig umgesetzt. Die THM hat es durch das von der EU geförderte Projekt geschafft, das Abwasserwärme-System in einen Altbau zu integrieren. Ein großer Abwasserkanal, der neben dem Campusgelände verläuft, wird angezapft und das Abwasser wird grob gesiebt direkt durch dicke Rohre in die Anlage in den Kellerräumen der THM gepumpt. Da das Abwasser ganzjährig eine Temperatur zwischen 8°C und 20°C hat, eignet es sich perfekt für die Nutzung einer Wärmepumpe. Die Wärmepumpe oder im Sommer eine Kältemaschine werden über einen Wärmetauscher betrieben. Die Wärmepumpe kann ca. 850 kW für den Campus bereit stellen und in den kommenden Jahren sollen bis zu 10 große Hochschulgebäude an das System angeschlossen werden. Die THM kann dadurch ca. 300 Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen. [10][11]
Weblinks
Einzelnachweise
</references>
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- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Delakowitz, B.; Bulcsu, A.; Schön, E. unter Mitwirkung von Brauweiler, J.; Will, M.; Zenker-Hoffmann, A. (2018): Nachhaltigkeit im Hochschulbetrieb (Betaversion). BMBF-Projekt „Nachhaltigkeit an Hochschulen: entwickeln – vernetzen – berichten (HOCHN)”, Zittau. Online unter: https://www.hochn.uni-hamburg.de/-downloads/handlungsfelder/betrieb/hoch-n-leitfaden-nachhaltiger-hochschulbetrieb.pdf Letzter Zugriff: 06.02.2024
- ↑ UBA (2024): Energieverbrauch für fossile und erneuerbare Wärme. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energieverbrauch-fuer-fossile-erneuerbare-waerme Letzter Zugriff: 06.02.2024
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Rieckmann, M., Giesenbauer, B., Nölting, B., Potthast, T., & Schmitt, C. T. (Hrsg.) (2024): Nachhaltige Entwicklung von Hochschulen: Erkenntnisse und Perspektiven zur gesamtinstitutionellen Transformation. Verlag Barbara Budrich.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Golüke, H.; Hermann, L. M.; Nitzsche, S.; van Bergen, K. (2015): Klimaschutzkonzept der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Version 1.1, Prof. Wilhelm-Grünther Vahrson (Hrsg.), Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Online unter: https://www.hnee.de/de/Hochschule/Nachhaltige-Entwicklung/Nachhaltigkeitsmanagement-an-der-HNEE/Konzepte-und-Berichte/Klimaschutzkonzept/Klimaschutzkonzept-E7867.htm Letzter Zugriff: 06.02.2024
- ↑ 5,0 5,1 HU Berlin (2022): FAQ - Maßnahmen an der HU. Online unter: https://www.hu-berlin.de/de/pr/energiesparen-an-der-humboldt-universitaet/massnahmen-an-der-hu Letzter Zugriff: 06.02.2024
- ↑ Breuning, M. (2017): Rebound-Effekte kennen und wirkungsvoll ersetzen. Online unter: https://www.energie-experten.ch/de/wissen/detail/rebound-effekte-kennen-und-wirkungsvoll-begrenzen.html Letzter Zugriff: 13.02.2024
- ↑ Tangwanichagapong, S., Nitivattananon, V., Mohanty, B., & Visvanathan, C. (2017). Greening of a campus through wastemanagement initiatives: Experience from a higher education institution in Thailand. International Journal of Sustainability in Higher Education, 18(2), 203-217.
- ↑ Zen, I. S., Subramaniam, D., Sulaiman, H., Omar, W., & Salim, M. R. (2016). Institutionalize waste minimization governance towards campus sustainability: A case study of Green Office initiatives in Universiti Teknologi Malaysia. Journal of Cleaner Production, 135, 1407-1422.
- ↑ Hochschule Trier (2021): Nachhaltigkeitsbericht 2021. Sustainable. Umwelt-Campus Birkenfeld. Online unter: https://www.umwelt-campus.de/fileadmin/Umwelt-Campus/Oeffentlichkeitsarbeit/Nachhaltigkeitsberichte/Nachhaltigkeitsbericht_2021_web_.pdf Letzter Zugriff: 13.02.2024
- ↑ Technische Hochschule Mittelhessen (o.D.): Erneuerbare Energie in Gießen und Friedberg. Online unter: https://www.thm.de/site/hochschule/campus/aktivitaeten-projekte/projekt-eco2/erneuerbare-energien.html Letzter Zugriff: 27.02.2024
- ↑ Dieckmann, R. (2023): Technische Hochschule Mittelhessen heizt jetzt mit Abwasser. Hessenschau Online unter: https://www.hessenschau.de/gesellschaft/energiewende-aus-der-kanalisation-wie-die-technische-hochschule-mittelhessen-mit-abwasser-heizt-v1,abwasser-waerme-thm-100.html Letzter Zugriff: 27.02.2024