Hochschulklimarat: Unterschied zwischen den Versionen
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In diesem Guide werden zwei Varianten dargestellt: | In diesem Guide werden zwei Varianten dargestellt: | ||
* Ein '''zweitägiger Ablauf''' (Tag 1: Input; Tag 2: Erarbeitung und Priorisierung von Maßnahmen, unterstützt durch Expert*innen). Dies entspricht dem tatsächlichen Ablauf im Projekt KlimaPlanReal. | |||
* Ein '''viertägiger Ablauf''' (Tag 1: Input, Tag 2: Erarbeitung von Maßnahmen, Tag 3: Überarbeitung von Maßnahmen, unterstützt durch Expert*innen, Tag 4: Priorisierung von Maßnahmen). Dies ist der Ablauf, welcher auf Basis der Projekterfahrungen im Folgeprojekt KlimaPlanReal-intensified angestrebt wird. | |||
'''Nachbereitung''' | '''Nachbereitung''' | ||
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□ '''Integrierte Bewertung und Auswahl von Pilotmaßnahmen''' | □ '''Integrierte Bewertung und Auswahl von Pilotmaßnahmen''' | ||
□ Auswahlkriterien umfassen CO₂-Einsparungen, Umsetzungsdauer, Umsetzungskosten, | □ Auswahlkriterien umfassen CO₂-Einsparungen, Umsetzungsdauer, Umsetzungskosten, Wartungskosten, HKR-Priorisierung, Parallelprozesse und Zusatznutzen | ||
□ Auswahlkriterien und -prozess transparent machen | □ Auswahlkriterien und -prozess transparent machen | ||
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Klimabürger*innenräte und auch der Hochschulklimarat (HKR) folgen der Idee der Planungszelle. Planungszellen nach Dienel (1997) bieten einen Rahmen, um deliberative Prozesse gezielt zu initiieren. | Klimabürger*innenräte und auch der Hochschulklimarat (HKR) folgen der Idee der Planungszelle. Planungszellen nach Dienel (1997) bieten einen Rahmen, um deliberative Prozesse gezielt zu initiieren. | ||
„Die Planungszelle ist eine Gruppe von Bürgern, die nach einem Zufallsverfahren ausgewählt und für begrenzte Zeit von ihren arbeitstäglichen Verpflichtungen vergütet freigestellt worden sind, um, assistiert von Prozessbegleitern, Lösungen für vorgegebene, lösbare Planungsprobleme zu erarbeiten.“ (Dienel | „Die Planungszelle ist eine Gruppe von Bürgern, die nach einem Zufallsverfahren ausgewählt und für begrenzte Zeit von ihren arbeitstäglichen Verpflichtungen vergütet freigestellt worden sind, um, assistiert von Prozessbegleitern, Lösungen für vorgegebene, lösbare Planungsprobleme zu erarbeiten.“ (Dienel, 1997, S. 74) | ||
Zentraler Aspekt der Planungszelle ist ein '''formalisierter Gruppenprozess''', der ermöglicht, dass die Gruppe zu einer gemeinsam erarbeiteten Entscheidung gelangen kann. Dazu ist es nötig, dass Teilnehmende kontinuierlich an den Terminen teilnehmen. Diese Teilnahme ist '''befristet''', um einerseits den Teilnehmenden einen '''Perspektivwechsel''' in die Rolle als Planer*in zu ermöglichen und andererseits eine Entfremdung oder die Entwicklung von Eigeninteressen (wie es bei Berufsplaner*innen vorkommen kann) zu verhindern (Matthies & Blöbaum, 2008). Die Beteiligten werden unter Berücksichtigung von soziodemografischen Merkmalen per '''Zufall''' ausgewählt und für den Zeitraum des Planungsverfahrens in unterschiedlicher Form '''entschädigt'''. Dadurch soll eine möglichst gute '''Repräsentation''' der betroffenen Personengruppen abgebildet werden (Matthies & Blöbaum, 2008) und die erarbeiteten Ergebnisse '''demokratisch legitimiert''' werden (Bürgerrat Klima, 2021). | Zentraler Aspekt der Planungszelle ist ein '''formalisierter Gruppenprozess''', der ermöglicht, dass die Gruppe zu einer gemeinsam erarbeiteten Entscheidung gelangen kann. Dazu ist es nötig, dass Teilnehmende kontinuierlich an den Terminen teilnehmen. Diese Teilnahme ist '''befristet''', um einerseits den Teilnehmenden einen '''Perspektivwechsel''' in die Rolle als Planer*in zu ermöglichen und andererseits eine Entfremdung oder die Entwicklung von Eigeninteressen (wie es bei Berufsplaner*innen vorkommen kann) zu verhindern (Matthies & Blöbaum, 2008). Die Beteiligten werden unter Berücksichtigung von soziodemografischen Merkmalen per '''Zufall''' ausgewählt und für den Zeitraum des Planungsverfahrens in unterschiedlicher Form '''entschädigt'''. Dadurch soll eine möglichst gute '''Repräsentation''' der betroffenen Personengruppen abgebildet werden (Matthies & Blöbaum, 2008) und die erarbeiteten Ergebnisse '''demokratisch legitimiert''' werden (Bürgerrat Klima, 2021). | ||
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== | == 3. Vorbereitung eines Hochschulklimarats == | ||
== | === 3.1. Gewinnung von Teilnehmenden === | ||
Entsprechend der Idee der Planungszelle sollen die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip unter Berücksichtigung von soziodemografischen Merkmalen ausgewählt werden, um eine möglichst repräsentative Gruppe zu erhalten und viele Perspektiven einbeziehen zu können | |||
'''Empfehlungen''' | |||
== | * Bereits vor der Auswahl von Teilnehmenden sind über eine Webseite und andere Informationskanäle Informationen zum Ziel und Ablauf des HKR transparent zu machen. | ||
* Bei der Zufallsauswahl aus den drei '''Mitgliedergruppen der Mitarbeitenden''' (Wissenschaftliche Mitarbeitende, wissenschaftsunterstützende Mitarbeitende, Professor*innen) kann die Personalabteilung unterstützen, indem Mailadressen oder ähnliches, ggf. auch Informationen zu soziodemografischen Merkmalen, zur Verfügung gestellt werden | |||
* Bei der Zufallsauswahl von '''Studierenden''' kann ggf. die Studierendenverwaltung/ -sekretariat unterstützen, dies muss aber datenschutzrechtlich geprüft werden. Ein frühzeitiger Kontakt zur datenschutzbeauftragten Person ist sinnvoll. | |||
* Die '''persönliche Ansprache''' (z. B. „Sehr geehrtes Mitglied der Hochschule, […] Sie sind nach dem Zufallsprinzip ausgelost worden, um […] mitzuwirken“) ist gegenüber der generischen Ansprache (z. B. „Sehr geehrte Studierende, […] Sie sind eingeladen, sich für das Auswahlverfahren zur Teilnahme am Hochschulklimarat […] anzumelden.“) zu bevorzugen. Hierbei sind höhere Rücklaufquoten und eine geringere Selbstselektion zu verzeichnen. | |||
* Es sind initial deutlich '''mehr Personen zu kontaktieren''', als für den HKR gebraucht werden. Da die Antwortrate auch von der Art der Ansprache und der Mitgliedergruppe abhängt, ist es schwierig, hier eine konkrete Zahl zu nennen. Basierend auf den Erfahrungen im Projekt KlimaPlanReal bewegt sich dies zwischen fünfmal so vielen Personen wie benötigt (bei Mitarbeitenden mit persönlicher Ansprache) bis vierzigmal so vielen Personen wie benötigt (bei Studierenden mit generischer Ansprache) | |||
* Eine '''Freistellung der Mitarbeitenden''' für die Teilnahme, sowie eine '''Anerkennung der Leistung der Studierenden''' (z. B. durch Credits) ist im Vorfeld mit der Hochschulleitung bzw. Vorgesetzten (gerade bei Drittmittelbeschäftigten) zu klären. | |||
==== 3.1.1.Teilnehmenden-Gewinnung im Projekt KlimaPlanReal ==== | |||
* Die Soll-Größe eines HKRs betrug 36 Personen | |||
** 18 Studierende | |||
** 18 Mitarbeitende, darunter | |||
*** 6 Professor*innen | |||
*** 6 wissenschaftliche Mitarbeitende, | |||
*** 6 wissenschaftsunterstützende Mitarbeitende | |||
* Ein paritätisches Geschlechterverhältnis innerhalb der Mitgliedergruppen wurde darüber hinaus angestrebt. | |||
* An einer Hochschule wurde zudem die anteilige Repräsentation der verschiedenen Fachbereiche berücksichtigt. | |||
* Im Projekt KlimaPlanReal wählten wir ein '''zweiwelliges Einladungs-Vorgehen''': | |||
** Zunächst wurde ein größerer Personenkreis (mittels Zufallsauswahl oder Grundgesamtheit, s. u.) kontaktiert und eingeladen, am Hochschulklimarat teilzunehmen. Um sich zu registrieren, mussten die Eingeladenen zunächst an einer '''Befragung''' teilnehmen. In der Befragung gaben etwa 64% der Eingeladenen ihre Bereitschaft zur Teilnahme am HKR an. | |||
** Aus diesem verkleinerten Pool der Interessent*innen wurden dann mittels Zufallsauswahl unter Berücksichtigung der Quoten für Mitgliedergruppe und Geschlecht (und ggf. Fachbereich) die Personen ausgewählt, die final für die Teilnahme eingeladen wurden. | |||
** Gleichzeitig bildete die Befragung die Grundlage für die Prä-Post-Evaluation des HKRs. | |||
** Sobald eine eingeladene Person die Termine nicht einrichten konnte, wurde aus dem Pool der Interessent*innen neu gezogen, bis alle Plätze für den Hochschulklimarat entsprechend der Mitgliedergruppe und des Geschlechterverhältnisses besetzt waren. | |||
'''Praktische Herausforderungen und Erfahrungen''' | |||
'''Kleine Grundgesamtheit:''' Insbesondere an kleineren HS waren manche Mitgliedergruppen (z. B. weibliche Professor*innen) schnell „erschöpfend“ kontaktiert. | |||
* '''Zufallsauswahl:''' Datenschutzbestimmungen stellten eine Hürde für die Zufallsauswahl dar. | |||
** In den Mitgliedergruppen der '''Mitarbeitenden''' war an drei von vier beteiligten Hochschulen eine Zufallsauswahl umsetzbar. Bei einer Hochschule wurden stattdessen alle Mitarbeitenden kontaktiert. | |||
** Die Zufallsauswahl von '''Studierenden''' war nur an einer der vier beteiligten Hochschulen möglich. Bei den anderen drei Hochschulen wurde die Gesamtheit der Studierenden kontaktiert. Dies erfolgte über Mailverteiler und weitere Kanäle (Social Media, Poster, StudIP, direkte Ansprache). | |||
** Mögliche '''„unkontrollierbare“ Aspekte''' waren auch, inwiefern kontaktierte Personen ihre Einladung selbstständig an Kolleg*innen weitergegeben haben oder inwiefern mit den jeweiligen Projektteams vor Ort außerhalb des Rekrutierungsvorgangs Kontakt aufgenommen wurde und ein Wille zur Teilnahme kundgetan wurde. | |||
* '''Rücklaufquote:''' | |||
** Die Rücklaufquote für die Teilnahme an der initialen Befragung (an deren Ende die Eingeladenen sich für den HKR registrieren konnten, s. o.) war nach '''Zufallsauswahl mit persönlicher Ansprache''' (10,5% bei Studierenden einer HS bis 54,2% beim wissenschaftsunterstützenden Personal einer HS) deutlich höher als in den Fällen, wo die Grundgesamtheit mit generischer Ansprache kontaktiert wurde (0,4% bei Studierenden einer HS bis 17,5% bei den Professor*innen einer HS). | |||
** Die Rücklaufquote war insbesondere bei den '''Studierenden''' '''gering''' (ca. 0,5 % bei Kontaktierung der Grundgesamtheit mit generischer Ansprache, ca. 10% bei persönlicher Ansprache). | |||
* Folgende Lösungen zur '''Freistellung der Mitarbeitenden''' bzw. '''Anerkennung der Leistung der Studierenden''' wurden genutzt: | |||
** Für Studierende: | |||
*** Möglichkeit zum Erhalt eines Teilnehmendenzertifikat | |||
*** Anrechnung mit einem ECTS für das Nachhaltigkeitszertifikat | |||
*** Anrechnung mit ECTS im Rahmen der Allgemeinen Schlüsselqualifikationen (ASQ), nach Erstellung einer zusätzlichen Ausarbeitung | |||
*** Anrechnung in Form eines „Projektwochenscheins“ (1SWS) als Teil eines Projektmoduls, für das ECTS erworben werden können | |||
** Für Mitarbeitende: Freistellung bzw. Anerkennung als Arbeitszeit | |||
* Insgesamt nahm der '''Prozess''' der Teilnehmenden-Gewinnung wesentlich '''mehr Zeit''' in Anspruch, als ursprünglich eingeplant wurde und musste trotz des Anspruches der Vergleichbarkeit und Standardisierung auf jede Hochschule auf Grund von individuellen Rahmenbedingungen angepasst werden. | |||
* Bei der Veranstaltung wurden '''Namensschilder''' ohne Angabe der Mitgliedergruppenzugehörigkeit verwendet. Dies ist zu empfehlen, um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu erleichtern. | |||
=== 3.2. Unterstützung durch Fach- und Umsetzungsexpert*innen. === | |||
Expert*innen wurden in den Hochschulklimaräten im Projekt KlimaPlanReal an mehreren Stellen einbezogen: | |||
* Die Teilnehmenden wurden durch '''Impulsvorträge von Fachexpert*innen''' (LINK Glossar) am ersten Tag (siehe Ablauf HKR (LINK)) auf den gleichen Wissensstand gebracht, um mit einer gemeinsamen Informationsgrundlage an Empfehlungen arbeiten zu können. | |||
* Am zweiten Tag (siehe [[4. Ablauf eines Hochschulklimarats|Ablauf HKR]] (LINK)) standen '''Fachexpert*innen sowie lokale Umsetzungsexpert*innen''' (LINK Glossar) den Teilnehmenden '''beratend''' zur Verfügung. | |||
* Die einbezogenen Expert*innen hatten '''kein Stimm- oder Einflussrecht''' auf die entwickelten Maßnahmen. Ihnen kam dennoch aufgrund ihres Wissens zur Komplexität oder Machbarkeit von Maßnahmen eine '''Schlüsselrolle''' zu. | |||
=== 3.3. Beauftragung eines externen Anbieters für die Durchführung === | |||
=== 3.4. Weitere Hinweise zur Planung eines Hochschulklimarats === | |||
== 4. Ablauf eines Hochschulklimarats == | |||
=== 4.1. Idealtypischer Ablauf === | |||
=== 4.2. Tatsächlicher Ablauf im Projekt KlimaPlanReal === | |||
== 5. Öffentlichkeitsarbeit und strukturelle Verankerung == | |||
== 6. Integrierte Bewertung und Auswahl von Pilotmaßnahmen == | |||
=== 6.1. Schritte der integrierten Bewertung. === | |||
=== 6.2. Praktische Erfahrungen, Hindernisse und Empfehlungen. === | |||
== 7. Literaturverzeichnis == | |||
[[Category:Draft]] | [[Category:Draft]] | ||
Version vom 15. Oktober 2025, 13:38 Uhr
| Hochschulklimarat | |
|---|---|
| Handlungsfelder | |
Forschung, Betrieb
| |
| Themenbezug | |
| Stichworte | |
Partizipative Forschung, Beteiligung
| |
| Zielgruppe | |
Forschende, Forschungsmanagement, Nachhaltigkeitsbeauftragte(r), Wissenschaftliche(r) Mitarbeiter(in)
| |
| Hochschule | |
| Organisationseinheit | |
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| |
| Website | |
| Projektbezug | |
Transformationspfade (traNHSform)
| |
1. Zusammenfassung

Der vorliegende Good Practice Guide stellt das Konzept des Hochschulklimarats (HKR) vor, welches im Projekt KlimaPlanReal entwickelt und angewandt wurde. Ein Hochschulklimarat ist ein zeitlich befristetes deliberatives Partizipationsverfahren (vgl. Bürger*innenrat) zur Erarbeitung von Klimaschutzmaßnahmen für eine Hochschule unter Beteiligung aller Mitgliedergruppen. Der Guide beinhaltet die Erfahrungen mit der Anwendung dieses Verfahrens an vier Hochschulen und leitet Empfehlungen für eine Adaption an anderen Hochschulen ab. Zusätzlich wird dargestellt, wie die im HKR erarbeiteten Maßnahmenvorschläge anschließend anhand ihres Impacts zur Treibhausgasreduktion und weiterer Kriterien bewertet wurden, um anschließend Pilotmaßnahmen im Rahmen von Transferlaboren umzusetzen.
1.1 Schnell-Überblick
Vorbereitung
□ Realistische Zeitplanung (ca. 6 Monate Vorbereitung)
□ Informationsbereitstellung zum HKR (Webseite, Newsletter, etc.)
□ Gewinnung von Teilnehmenden
□ Auswahl per Zufallsverfahren unter Berücksichtigung soziodemografischer Merkmale (Hochschul-Mitgliedergruppe, Gender, etc.)
□ Initialkontaktierung eines größeren Personenkreises (mindestens 5- bis 20-fach)
□ Persönliche Ansprache bevorzugen
□ Sicherstellung der Freistellung von Mitarbeitenden und Anerkennung der Leistung von Studierenden
□ Einbindung von Expert*innen
□ Auswahl u.a. basierend auf einer Akteur*innenanalyse (frühzeitige Kontaktaufnahme)
□ Einbindung durch Impulsvorträge (Fachexpert*innen)
□ Einbindung durch Beratungen in den Diskussionsphasen (Umsetzungsexpert*innen)
□ Durchführung durch externe Prozessbegleitung
□ Beauftragung eines neutralen, erfahrenen externen Anbieters zur Moderation
□ Moderationskonzept, Zeitplan und Räumlichkeiten mit Prozessbegleitung klären
□ Transparente Abstimmung der Planung mit der Hochschulleitung
□ Unterstützung der Hochschulleitung sichern (z.B. Schirmherrschaft; Begrüßung)
Ablauf des Hochschulklimarats
In diesem Guide werden zwei Varianten dargestellt:
- Ein zweitägiger Ablauf (Tag 1: Input; Tag 2: Erarbeitung und Priorisierung von Maßnahmen, unterstützt durch Expert*innen). Dies entspricht dem tatsächlichen Ablauf im Projekt KlimaPlanReal.
- Ein viertägiger Ablauf (Tag 1: Input, Tag 2: Erarbeitung von Maßnahmen, Tag 3: Überarbeitung von Maßnahmen, unterstützt durch Expert*innen, Tag 4: Priorisierung von Maßnahmen). Dies ist der Ablauf, welcher auf Basis der Projekterfahrungen im Folgeprojekt KlimaPlanReal-intensified angestrebt wird.
Nachbereitung
□ Transparenz über den weiteren Prozess in der Hochschulöffentlichkeit
□ Verschriftlichung als KlimaPlan / Gutachten, dabei Konsultation mit den HKR-Teilnehmenden
□ Abschluss mit der offiziellen Überreichung der KlimaPläne an die Leitung / legitimierte Gremien
□ Integrierte Bewertung und Auswahl von Pilotmaßnahmen
□ Auswahlkriterien umfassen CO₂-Einsparungen, Umsetzungsdauer, Umsetzungskosten, Wartungskosten, HKR-Priorisierung, Parallelprozesse und Zusatznutzen
□ Auswahlkriterien und -prozess transparent machen
□ Rückkopplung mit der Hochschulleitung vor der Umsetzung einer Maßnahme
□ Maßnahmen umsetzen, z. B. in Transferlaboren (Good Practice Guide: Transferlabor)
2. Grundideeen
Klimabürger*innenräte und auch der Hochschulklimarat (HKR) folgen der Idee der Planungszelle. Planungszellen nach Dienel (1997) bieten einen Rahmen, um deliberative Prozesse gezielt zu initiieren.
„Die Planungszelle ist eine Gruppe von Bürgern, die nach einem Zufallsverfahren ausgewählt und für begrenzte Zeit von ihren arbeitstäglichen Verpflichtungen vergütet freigestellt worden sind, um, assistiert von Prozessbegleitern, Lösungen für vorgegebene, lösbare Planungsprobleme zu erarbeiten.“ (Dienel, 1997, S. 74)
Zentraler Aspekt der Planungszelle ist ein formalisierter Gruppenprozess, der ermöglicht, dass die Gruppe zu einer gemeinsam erarbeiteten Entscheidung gelangen kann. Dazu ist es nötig, dass Teilnehmende kontinuierlich an den Terminen teilnehmen. Diese Teilnahme ist befristet, um einerseits den Teilnehmenden einen Perspektivwechsel in die Rolle als Planer*in zu ermöglichen und andererseits eine Entfremdung oder die Entwicklung von Eigeninteressen (wie es bei Berufsplaner*innen vorkommen kann) zu verhindern (Matthies & Blöbaum, 2008). Die Beteiligten werden unter Berücksichtigung von soziodemografischen Merkmalen per Zufall ausgewählt und für den Zeitraum des Planungsverfahrens in unterschiedlicher Form entschädigt. Dadurch soll eine möglichst gute Repräsentation der betroffenen Personengruppen abgebildet werden (Matthies & Blöbaum, 2008) und die erarbeiteten Ergebnisse demokratisch legitimiert werden (Bürgerrat Klima, 2021).
Um der diversen Zusammensetzung der Gesamtgruppe gerecht zu werden, muss durch die Bereitstellung von gezielt aufbereiteten Hintergrundinformationen eine vergleichbare Informiertheit aller sichergestellt werden. Zudem muss die aktive Beteiligung aller und ein konstruktiver, wertschätzender Umgang miteinander durch eine professionelle, unabhängige Prozessbegleitung und die Organisation der Planungszelle sichergestellt werden (Matthies & Blöbaum, 2008). Es werden Expert*innen in den Prozess miteingebunden, die einen Überblick zum Thema geben und mehrere Standpunkte darstellen, um einer einseitigen Beeinflussung von Entscheidungen entgegenzuwirken.
Die Ergebnisse einer Planungszelle werden anschließend in einem Gutachten (im Projekt KlimaPlan genannt) mit entsprechenden Reflexionen und Empfehlungen festgehalten.
3. Vorbereitung eines Hochschulklimarats
3.1. Gewinnung von Teilnehmenden
Entsprechend der Idee der Planungszelle sollen die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip unter Berücksichtigung von soziodemografischen Merkmalen ausgewählt werden, um eine möglichst repräsentative Gruppe zu erhalten und viele Perspektiven einbeziehen zu können
Empfehlungen
- Bereits vor der Auswahl von Teilnehmenden sind über eine Webseite und andere Informationskanäle Informationen zum Ziel und Ablauf des HKR transparent zu machen.
- Bei der Zufallsauswahl aus den drei Mitgliedergruppen der Mitarbeitenden (Wissenschaftliche Mitarbeitende, wissenschaftsunterstützende Mitarbeitende, Professor*innen) kann die Personalabteilung unterstützen, indem Mailadressen oder ähnliches, ggf. auch Informationen zu soziodemografischen Merkmalen, zur Verfügung gestellt werden
- Bei der Zufallsauswahl von Studierenden kann ggf. die Studierendenverwaltung/ -sekretariat unterstützen, dies muss aber datenschutzrechtlich geprüft werden. Ein frühzeitiger Kontakt zur datenschutzbeauftragten Person ist sinnvoll.
- Die persönliche Ansprache (z. B. „Sehr geehrtes Mitglied der Hochschule, […] Sie sind nach dem Zufallsprinzip ausgelost worden, um […] mitzuwirken“) ist gegenüber der generischen Ansprache (z. B. „Sehr geehrte Studierende, […] Sie sind eingeladen, sich für das Auswahlverfahren zur Teilnahme am Hochschulklimarat […] anzumelden.“) zu bevorzugen. Hierbei sind höhere Rücklaufquoten und eine geringere Selbstselektion zu verzeichnen.
- Es sind initial deutlich mehr Personen zu kontaktieren, als für den HKR gebraucht werden. Da die Antwortrate auch von der Art der Ansprache und der Mitgliedergruppe abhängt, ist es schwierig, hier eine konkrete Zahl zu nennen. Basierend auf den Erfahrungen im Projekt KlimaPlanReal bewegt sich dies zwischen fünfmal so vielen Personen wie benötigt (bei Mitarbeitenden mit persönlicher Ansprache) bis vierzigmal so vielen Personen wie benötigt (bei Studierenden mit generischer Ansprache)
- Eine Freistellung der Mitarbeitenden für die Teilnahme, sowie eine Anerkennung der Leistung der Studierenden (z. B. durch Credits) ist im Vorfeld mit der Hochschulleitung bzw. Vorgesetzten (gerade bei Drittmittelbeschäftigten) zu klären.
3.1.1.Teilnehmenden-Gewinnung im Projekt KlimaPlanReal
- Die Soll-Größe eines HKRs betrug 36 Personen
- 18 Studierende
- 18 Mitarbeitende, darunter
- 6 Professor*innen
- 6 wissenschaftliche Mitarbeitende,
- 6 wissenschaftsunterstützende Mitarbeitende
- Ein paritätisches Geschlechterverhältnis innerhalb der Mitgliedergruppen wurde darüber hinaus angestrebt.
- An einer Hochschule wurde zudem die anteilige Repräsentation der verschiedenen Fachbereiche berücksichtigt.
- Im Projekt KlimaPlanReal wählten wir ein zweiwelliges Einladungs-Vorgehen:
- Zunächst wurde ein größerer Personenkreis (mittels Zufallsauswahl oder Grundgesamtheit, s. u.) kontaktiert und eingeladen, am Hochschulklimarat teilzunehmen. Um sich zu registrieren, mussten die Eingeladenen zunächst an einer Befragung teilnehmen. In der Befragung gaben etwa 64% der Eingeladenen ihre Bereitschaft zur Teilnahme am HKR an.
- Aus diesem verkleinerten Pool der Interessent*innen wurden dann mittels Zufallsauswahl unter Berücksichtigung der Quoten für Mitgliedergruppe und Geschlecht (und ggf. Fachbereich) die Personen ausgewählt, die final für die Teilnahme eingeladen wurden.
- Gleichzeitig bildete die Befragung die Grundlage für die Prä-Post-Evaluation des HKRs.
- Sobald eine eingeladene Person die Termine nicht einrichten konnte, wurde aus dem Pool der Interessent*innen neu gezogen, bis alle Plätze für den Hochschulklimarat entsprechend der Mitgliedergruppe und des Geschlechterverhältnisses besetzt waren.
Praktische Herausforderungen und Erfahrungen
Kleine Grundgesamtheit: Insbesondere an kleineren HS waren manche Mitgliedergruppen (z. B. weibliche Professor*innen) schnell „erschöpfend“ kontaktiert.
- Zufallsauswahl: Datenschutzbestimmungen stellten eine Hürde für die Zufallsauswahl dar.
- In den Mitgliedergruppen der Mitarbeitenden war an drei von vier beteiligten Hochschulen eine Zufallsauswahl umsetzbar. Bei einer Hochschule wurden stattdessen alle Mitarbeitenden kontaktiert.
- Die Zufallsauswahl von Studierenden war nur an einer der vier beteiligten Hochschulen möglich. Bei den anderen drei Hochschulen wurde die Gesamtheit der Studierenden kontaktiert. Dies erfolgte über Mailverteiler und weitere Kanäle (Social Media, Poster, StudIP, direkte Ansprache).
- Mögliche „unkontrollierbare“ Aspekte waren auch, inwiefern kontaktierte Personen ihre Einladung selbstständig an Kolleg*innen weitergegeben haben oder inwiefern mit den jeweiligen Projektteams vor Ort außerhalb des Rekrutierungsvorgangs Kontakt aufgenommen wurde und ein Wille zur Teilnahme kundgetan wurde.
- Rücklaufquote:
- Die Rücklaufquote für die Teilnahme an der initialen Befragung (an deren Ende die Eingeladenen sich für den HKR registrieren konnten, s. o.) war nach Zufallsauswahl mit persönlicher Ansprache (10,5% bei Studierenden einer HS bis 54,2% beim wissenschaftsunterstützenden Personal einer HS) deutlich höher als in den Fällen, wo die Grundgesamtheit mit generischer Ansprache kontaktiert wurde (0,4% bei Studierenden einer HS bis 17,5% bei den Professor*innen einer HS).
- Die Rücklaufquote war insbesondere bei den Studierenden gering (ca. 0,5 % bei Kontaktierung der Grundgesamtheit mit generischer Ansprache, ca. 10% bei persönlicher Ansprache).
- Folgende Lösungen zur Freistellung der Mitarbeitenden bzw. Anerkennung der Leistung der Studierenden wurden genutzt:
- Für Studierende:
- Möglichkeit zum Erhalt eines Teilnehmendenzertifikat
- Anrechnung mit einem ECTS für das Nachhaltigkeitszertifikat
- Anrechnung mit ECTS im Rahmen der Allgemeinen Schlüsselqualifikationen (ASQ), nach Erstellung einer zusätzlichen Ausarbeitung
- Anrechnung in Form eines „Projektwochenscheins“ (1SWS) als Teil eines Projektmoduls, für das ECTS erworben werden können
- Für Mitarbeitende: Freistellung bzw. Anerkennung als Arbeitszeit
- Für Studierende:
- Insgesamt nahm der Prozess der Teilnehmenden-Gewinnung wesentlich mehr Zeit in Anspruch, als ursprünglich eingeplant wurde und musste trotz des Anspruches der Vergleichbarkeit und Standardisierung auf jede Hochschule auf Grund von individuellen Rahmenbedingungen angepasst werden.
- Bei der Veranstaltung wurden Namensschilder ohne Angabe der Mitgliedergruppenzugehörigkeit verwendet. Dies ist zu empfehlen, um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu erleichtern.
3.2. Unterstützung durch Fach- und Umsetzungsexpert*innen.
Expert*innen wurden in den Hochschulklimaräten im Projekt KlimaPlanReal an mehreren Stellen einbezogen:
- Die Teilnehmenden wurden durch Impulsvorträge von Fachexpert*innen (LINK Glossar) am ersten Tag (siehe Ablauf HKR (LINK)) auf den gleichen Wissensstand gebracht, um mit einer gemeinsamen Informationsgrundlage an Empfehlungen arbeiten zu können.
- Am zweiten Tag (siehe Ablauf HKR (LINK)) standen Fachexpert*innen sowie lokale Umsetzungsexpert*innen (LINK Glossar) den Teilnehmenden beratend zur Verfügung.
- Die einbezogenen Expert*innen hatten kein Stimm- oder Einflussrecht auf die entwickelten Maßnahmen. Ihnen kam dennoch aufgrund ihres Wissens zur Komplexität oder Machbarkeit von Maßnahmen eine Schlüsselrolle zu.