Blaupause „Fahrrad Sharingstation am Hauptbahnhof“
| Blaupause „Fahrrad Sharingstation am Hauptbahnhof“ | |
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Forschung, Transfer, Betrieb
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| Zielgruppe | |
Forschende, Lehrende, Verwaltungsmitarbeitende, Hochschulleitung, Nachhaltigkeitsbeauftragte(r), Wissenschaftliche(r) Mitarbeiter(in)
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| Hochschule | |
| Organisationseinheit | |
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Friedrichstraße 57-59; 38855 Wernigerode
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| Projektbezug | |
Transformationspfade (traNHSform)
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Kurzbeschreibung
Diese Blaupause entstand im Rahmen des zweiten Transferlabors (angelehnt an die Methode der Reallabore) an der Hochschule Harz im Rahmen des Projektes KlimaPlanReal erstellt. Das Ziel lag darin, eine Infrastruktur für ein hochschulinternes Fahrrad-Sharing als Prototyp zwischen dem Campus und dem Hauptbahnhof zu errichten. Es wurde ein Software-Prototyp entwickelt sowie geeignete Fahrräder und digitale Schlösser zur Erprobung beschafft. Allerdings entschied sich die Hochschule aufgrund der Komplexität, nicht als Betreiber in Frage zu kommen. In der vorliegenden Blaupause sind die gewonnenen Erfahrungen zusammengetragen.
Beschreibung der Maßnahme
Impactrelevantes Transformationsfeld
- Themenbereich: Nachhaltige Pendel- und Geschäftsmobilität
- Handlungsfeld: Pendelmobilität
- Maßnahmentitel aus KlimaPlan: „Fahrradausleih- oder Sharingstation am Hauptbahnhof“
Maßnahmenbeschreibung
Die vom Hochschulklimarat im KlimaPlan vorgeschlagene Maßnahme „Fahrradausleih- oder Sharingstation am Hauptbahnhof“ soll eine Erleichterung des Pendelns zwischen dem Bahnhof und dem jeweiligen Hochschulstandort durch die Einrichtung von Fahrrad-Sharing-Stationen bewirken. Diese Maßnahme soll die Attraktivität des Pendelns ohne motorisierten Individualverkehr steigern und wurde so mit dem größten prognostizierten Effekt auf die Senkung der Treibhausgasemissionen der Hochschule Harz bewertet. Zudem werden durch die Umsetzung positive gesundheitliche Effekte und eine hohe Sichtbarkeit erwartet.
Während der Vorrecherchen wurde ersichtlich, dass Anbieter externer Fahrrad-Sharing-Systeme nicht interessiert daran waren, an den Hochschulstandorten in einer Pilotphase das Nutzungsverhalten zu testen. Daher wurde sich für eine hochschulinterne Eigenentwicklung entschieden. Das Transformationsteam hatte sich das Ziel gesetzt, prototypisch eine Infrastruktur für ein Fahrrad-Sharing-System, bestehend aus Software und Leihfahrrädern, zu schaffen.
Umsetzung
Ist-Zusand
Es sind keine vollständigen Mobilitätsdaten für die Hochschule Harz vorhanden. Daten aus der Studierendenbefragung liegen zu folgenden Schwerpunkten vor: genutztes Transportmittel (zu Fuß, Fahrrad/Roller, PKW, ÖPNV) zur Hochschule, die Entfernung zur Hochschule und Frequenz der Nutzung des Semestertickets. Das Semesterticket inkludiert entsprechend der Umfrageergebnisse einer Studierendenbefragung an der Hochschule Harz lediglich das Streckennetz der Harzer Verkehrsbetriebe GmbH und nicht das D-Ticket.
Zusammensetzung des Transformationsteams
Zur Umsetzung wurde ein sogenanntes Transformationteam gebildet, das sich aus allen Mitgliedergruppen der Hochschule zusammensetzte:
- Dezernentin Liegenschaften/Bau/Technik
- Professor am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
- Professor am Fachbereich Verwaltungswissenschaften
- Studierendenrat Mitglied (Student Fachbereich Wirtschaftswissenschaften)
- Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Automatisierung und Informatik
Zusätzlich haben drei Studierendenprojekte gemeinsam mit einzelnen Transformationsteammitgliedern Aufgaben übernommen und wurden dabei von diese/r betreut. Dadurch fand eine enge und aktive Einbindung der Lehre statt. Des Weiteren wurden zwei wissenschaftliche Hilfskräfte für die Erstellung der Softwarelösung eingestellt, da diese mit größerem zeitlichem Aufwand verbunden war.
Umsetzungsschritte
Erkundungsphase (November 2023 – Januar 2024):
- Grobe Voranalyse/Recherche: Durch Absagen von bekannten, externen Fahrrad Sharing Anbietern wurde sich entschieden, eine hochschulinterne Lösung zu entwickeln
- Zusammenstellung des Transformationsteams
- Einführung von Organisations- und Kommunikationsstrukturen im Transformationsteam
Findungsphase (Januar – März 2024):
- Zielfestlegung mit „Testlauf innerhalb der Projektzeit für Evaluation zu starten“ & Zielgruppe: Hochschulangehörige
- Positive Gespräche mit den wichtigsten internen und externen Stakeholdern (Rektorat und beteiligte Städte), die Unterstützung in Form von Kommunikationsaufnahme und Fahrradabstellplätzen an Bahnhöfen zusicherten
- Kontaktaufnahme zu einem Hersteller von digitalen Schlössern für die Programmierung
- Kontaktaufnahme mit Lehrenden vor dem Semester zu Einbindungsmöglichkeiten der Maßnahmenumsetzung in die Lehre
Konkretisierungsphase (März – April 2024)
- Absprache und Zuteilung der Fahrradabstellplätze (am Bahnhof Wernigerode und Halberstadt; an der Hochschule Harz)
- Festlegung eines Zeit- und Arbeitsplans mit Verantwortlichkeiten
- Arbeitspakete für Studierendengruppen
Umsetzungsphase (April – Juni 2024):
- Beschaffung der ersten fünf Schlösser für die Softwareentwicklung
- Erhalt von acht gebrauchten Fahrrädern vom Ordnungsamt, die in einem desaströsen Zustand waren – daher Entscheidung gegen eine Benutzung
- Abschluss einer Marktanalyse zu der Mobilitätslandschaft zwischen dem Bahnhof und der Hochschule Harz
- Keine positive Rückmeldung von den Fahrradläden zwecks Wartung und Service
- Hochschulinterne Entwicklung einer rudimentären Software mit einigen Sicherheitslücken für einen Prototypen
Abschluss- und Übergangsphase (Juli 2024 – Oktober 2025)
- Beurteilung zum Ende der Laufzeit des Transferlabors:
- Einige Arbeitspakete (u.a. die rechtlichen Perspektive (u.a. Unfallschutz in Form von AGB)) konnten nicht abschließend geklärt werden.
- Die Komplexität der Umsetzung einer Fahrrad-Sharing-Station stellte sich als wesentlich höher als angenommen heraus.
- Entscheidung für eine Verstetigung/Weiterführung trotz Transferlaborende mit Studierendenprojekten
Fortführung der Maßnahme nach Ende der Laufzeit des Transferlabors (September 2024 – September 2025 ff.)
- Weiterführung durch zwei Studierendenprojekte für jeweils ein Jahr in den Bereichen
- Softwareentwicklung
- Eruierung möglicher Betreibermodelle (Hochschule oder Externe, z.B. Fahrradanbieter)
- Leistungsausschreibung für Fahrräder, Schlösser, Servicevertrag
- Beschaffung von neun neuen Fahrrädern und sieben Schlössern
- Beschreibung der Maßnahme der Fahrrad-Sharing-Station auf der Hochschulwebsite, was dazu führte, dass ein Fahrrad-Sharing-Anbieter Kontakt aufnahm
Dokumentation & Nachbearbeiten
- Webseite KlimaPlanReal Hochschule Harz
- Ausschreibungstext Fahrradausleihstation
Auswahl an unterschiedlichste Anbieter von Bike Sharing:
- Donkey Republic
- CAMPUSbike von nextbike
- Swapfiets
- Call a bike
Weiterführende Literatur bzw. Übersicht an Bike Sharing Anbieter:
- Agora Verkehrswende: "Bikesharing im Wandel - Handlungsempfehlungen für deutsche Städte und Gemeinden zum Umgang mit stationslosen Systemen", 2018
- Bikesharemap
Rahmenbedingungen
Laufzeit
Die Maßnahme war ursprünglich auf zehn Monate angesetzt.
Allerdings wurde die Maßnahme der Fahrrad-Sharing-Station anschließend von einem weiterführenden Team betreut und nach knapp zwei Jahren ist die Software bereit zum Testen.
Finanzen
Neben Personalkosten für die Projektmitarbeiterin sind folgende Ausgaben getätigt worden:
- Neun neue Fahrräder: 6.900€
- Servicevertrag: 1.200€
- Digitale Fahrradschlösser: 1.800€
- Einsteckketten: 400€
Rahmenbedingungen an der Hochschule
Standorte
Die Hochschule Harz hat einen Standort in Wernigerode (circa. 32.000 Einwohner) und einen weiteren kleineren in Halberstadt (circa 37.000 Einwohner). Die beiden Standorte liegen rund 25 km entfernt und die Umgebung ist ländlich geprägt.
Hochschulgröße
Stand 2024:
- Studierende: 2.839 (Wernigerode: 2.154, Halberstadt: 685)
- Mitarbeitende: 336 (Wernigerode: 294, Halberstadt: 42)
Unterstützung der Hochschulleitung zur Maßnahmenumsetzung
Mit der Unterzeichnung des Letter of Intent für den Projektantrag KlimaPlanReal hat die Leitung der Hochschule Harz die aktive Unterstützung zugesichert. Dadurch war die Teilnahme an den Transferlaboren für die Mitarbeitenden Arbeitszeit. Zum Anfang der Maßnahmenauswahl für das Transferlabor wurde mit dem Rektor, der Kanzlerin und einem Prorektor die Vorgehensweise der Maßnahmenumsetzung besprochen. Die Hochschulleitung nahm daraufhin Kontakt zur Stadt auf und zeigte somit ihre aktive Unterstützung.
Institutionalisierung von Nachhaltigkeit & Klimaschutz
- Klimaschutzmanagement (Drittmittelprojekt) für die Berechnung des Treibhausgasminderungspotentials
- Umweltmanagement (feste Stelle mit 75% für EMAS-Zertifizierung) konnte die vorhandenen Mobilitätsdaten bereit stellen & langfristige Evaluation innerhalb des Umweltmanagementsystems
- Umweltbeauftragte ist die Projektleitung; stetige Zusammenarbeit
- Senatskommission Nachhaltige Hochschule Harz wurde der jeweilige Projektstand in begleitender und beratender Funktion vorgestellt
Weitere relevante Aspekte der Hochschule bzgl. der Maßnahmenumsetzung
- Zeitaufwand für Entwicklung der Software und der rechtlichen Aspekte (u.a. Unfallschutz in Form von AGB) war sehr viel größer, als zu Beginn eingeschätzt wurde
- Der Prozess der Kontaktaufnahme zu den Fahrradläden gestaltete sich schwieriger als angenommen.
- Der Hauptbahnhof ist circa 3 km von dem Campus in Wernigerode entfernt und es gibt eine optimierungsbedürftige Taktung beim Wechsel von Bahn zu Bus.
Allgemeine Übertragbarkeit
- Nutzergruppen abklären durch Analyse der Mobilitätsdaten der Hochschule
- Welche Personen bzw. Statusgruppen wollen wann, wofür und wie lange ein Fahrrad nutzen? Gibt es relevante Unterschiede zwischen den Mitgliedergruppen?
- Ist es (aufgrund von Höhenmeter etc.) notwendig, ein E-Bike anzustreben oder ist ein normales Fahrrad ausreichend?
- Ist möglicherweise eine kleine Ausleihstation für den individuellen und nicht täglichen Gebrauch durch den Studierendenrat, die Poststelle etc. anstelle eines aufwendig geschaffenen und digital gestützten Systems ausreichend?
- Relevante Stakeholder einbinden
- Falls es in der Stadt einen Anbieter für Fahrrad-Sharing-Systeme gibt, diesen bezüglich Stationserweiterungen kontaktieren
- Kontakt zu dem jeweiligen Verkehrsunternehmen aufnehmen, damit das zusätzliche Fahrrad-Sharing-System als bereichernde Ergänzung und nicht als Konkurrenz zum ÖPNV angesehen wird
- Unterstützung der Hochschulleitung einholen
- Holistisch denken: Stadt, Tourismusgesellschaften und andere größere, interessierte Akteure zu einer Beteiligung an der Fahrrad-Sharing-Station befragen
- Finanzielle Mittel prüfen
- Eine Kostenabschätzung machen
- Möglichkeiten für Sponsoring (z.B. Werbung für Kooperationspartner auf dem Fahrrad) zur Senkung der Kosten prüfen
- Anbieter für Fahrrad-Sharing-Systeme anfragen
- Diese Option sollte umfassend geprüft werden (auch unter Einbeziehung weiterer möglicher Nutzergruppen außerhalb der Hochschule).
- Hochschulinterne Fahrrad-Sharing-Station sollte unter Berücksichtigung nur dann durch die Hochschule eingeführt werden, wenn keine externen Betreiber zur Verfügung stehen. Eine hochschulinterne Umsetzung erfordert einen sehr hohen zeitlichen Aufwand mit detaillierten Arbeitspaketen und Zuständigkeiten: Folgende Fachgebiete sollten dafür im Transformationsteam vorhanden sein:
- IT für die Software-Entwicklung für die Fahrradschlösser
- Der Quellcode inkl. Dokumentation ist hier zu finden.
- Recht: zur rechtlichen Abklärung zwecks AGB, Unfallschutz etc.
- Verwaltung: für die Planung des Betreibermodells
- Fachbereich Liegenschaften/Bau für die Abstellplätze der Fahrräder
- Eine zentrale, durchgehende Koordinierungsstelle
- Für Motivation der Trafoteammitglieder sorgen
- Möglichst instrinsische Motivation erzeugen bzw. direkt entsprechende Personen ins Team holen, damit auch außerhalb der Trafoteamtreffen trotz hoher Arbeitsbelastung weitergewirkt wird
- Gruppenmotivation hochhalten
- Gemeinsame Cloudplattform etablieren
Ansprechpersonen
- Projektleitung: Prof. Dr. Andrea Heilmann & Prof. Dr. Philipp Schaller
- Projektmitarbeiter*innen: Anja Klinner & Heidi Wilhof