Textilien: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 12. November 2025, 10:04 Uhr
Die Beschaffung von Textilien bietet Hochschulen ein großes Potenzial, ökologische und soziale Verantwortung praktisch umzusetzen. Textilien werden in nahezu allen Bereichen des Hochschulbetriebs benötigt – von Arbeits- und Schutzkleidung über Wäsche bis hin zu Merchandise-Artikeln. Die Textilindustrie gilt als besonders ressourcenintensiv und birgt weltweit hohe Risiken für Mensch und Umwelt. Durch die gezielte Auswahl nachhaltig produzierter Textilien können Hochschulen zur Reduktion von Emissionen, zur Schonung natürlicher Ressourcen und zu fairen Arbeitsbedingungen entlang globaler Lieferketten beitragen.
Nachhaltige Textilbeschaffung
Eine nachhaltige Textilbeschaffung stärkt nicht nur die ökologische Verantwortung der Hochschule, sondern trägt auch dazu bei, ihre gesellschaftliche Vorbildfunktion sichtbar zu machen und Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe im Hochschulbetrieb zu verankern. Die öko-soziale Beschaffung von Textilien stellt ein wirksames Instrument zur Erreichung der Sustainable Development Goals dar. Hochschulen haben eine erhebliche Marktmacht und können durch ihre Nachfrage nachhaltiger Textilprodukte und Service-Dienstleistungen aktiv zur fairer Konsummuster beitragen. Als Arbeits- und Studienorte zahlreicher Menschen haben sie zudem eine Strahlkraft in die Gesellschaft über die Produkte oder Dienstleistungen hinaus.
Gute Gründe für nachhaltige Textilien
Für Hochschulen gibt es gute Gründe für eine Umstellung auf nachhaltige Textilien. Denn die Textil- und Bekleidungsindustrie gilt als Hochrisikobranche. Das bedeutet, dass der Herstellungsprozess entlang der gesamten Lieferkette sowohl ökologische als auch soziale Probleme mit sich bringt.[1] Die textile Lieferkette umfasst dabei sämtliche Schritte von der Rohstoffgewinnung über die Konfektionierung bis hin zur Auslieferung an den Handel. Nicht zu vergessen sind die Nutzungs- und Nachnutzungsphase, welche zum Lebenszyklus eines textilen Produktes gezählt werden. Globale Textillieferketten sind aufgrund ihrer Komplexität häufig sehr undurchsichtig.[2] Insbesondere arbeitsintensive Produktionsschritte werden häufig in sogenannte Niedriglohnländer verlagert. Dabei ist es nur selten möglich, genau nachzuvollziehen, wo die Produkte hergestellt werden und unter welchen Arbeits- und Umweltbedingungen dies geschieht.
Ökologische und soziale Risiken in textilen Lieferketten
Bereits bei der Gewinnung und Herstellung von Rohfasern – ganz gleich ob natürlich, halbsynthetisch oder synthetisch, werden große Mengen Wasser und viel Energie benötigt. Der Anbau von Baumwolle als natürliche Faser erfordert zudem viel Fläche und wird häufig unter Anwendung umweltschädlicher Pestizide und Düngemittel durchgeführt. Dies gefährdet nicht nur die Biodiversität, sondern auch die Gesundheit der Bäuerinnen, Bauern sowie weiterer Beschäftigter auf den Plantagen.[1] Synthetische Fasern basieren häufig auf erdölbasierten Rohstoffen, deren Herstellung mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden ist.[3] Gemäß einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey & Company verursachte die globale Textil- und Bekleidungsindustrie im Jahr 2018 rund 2,1 Milliarden Tonnen CO2. Dies entspricht vier Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen.[4] Aus den Rohfasern werden dann Garne und Stoffe gefertigt. Bei Verarbeitung und Veredelung kommt es häufig zu Wasserverschmutzungen, zum Beispiel durch chemische Bleich- und Färbemittel, die ungeklärt ins Abwasser gelangen.[5] Auch der Energieverbrauch ist hier hoch. Die Phase der Konfektionierung ist sehr arbeitsintensiv und erfolgt größtenteils in Ländern wie Bangladesch, Indien oder Kambodscha. Schätzungsweise 75 Millionen Menschen, überwiegend Frauen, sind in Textilfabriken beschäftigt.[5] Den Arbeiter*innen ist es nicht möglich, für die eigenen Rechte einzutreten, die Vereinigungsfreiheit ist meist eingeschränkt.[6] Dabei besteht ein hohes Risiko für Verletzungen von Arbeits- und Menschenrechten, niedrige Löhne, Überstunden und geschlechtsspezifische Diskriminierung. Über lange Transportwege werden Kleidung und Textilien dann nach ihrer Fertigstellung in europäische Länder verbracht. Auch hier entstehen CO₂-Emissionen, die Umwelt und Klima belasten.[3] In der Nutzungsphase wirken sich Waschroutinen auf den ökologischen Fußabdruck aus, bspw. durch Mikroplastik. Am Ende ihres Lebenszyklus werden dann nur etwa ein Prozent der Textilien in der Europäischen Union wieder in den Textilkreislauf zurückgeführt. Gründe dafür sind die geringe Haltbarkeit von Textilien, die Vielfalt an Fasermischungen sowie fehlende geeignete Technologien zur Aufbereitung der Fasern. Die Mehrheit landet auf Deponien oder wird verbrannt, wodurch erneut Schadstoffe freigesetzt werden. Die Betrachtung des Produktlebenszyklus von Textilien verdeutlicht, dass Hochschulen durch die bewusste Auswahl nachhaltig produzierter Textilien aktiv zur Reduktion von Umweltbelastungen beitragen und faire Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette unterstützen können.
Was nachhaltige Textilien ausmacht
Eine einheitliche Definition für nachhaltige Textilien existiert nicht. Grundsätzlich besteht jedoch Einigkeit darüber, dass ökologische, soziale und ökonomische Kriterien entlang der gesamten Lieferkette berücksichtigt werden sollten. Nachhaltige Textilien tragen zum Schutz natürlicher Ressourcen bei, sichern faire Arbeitsbedingungen und fördern wirtschaftliche Langlebigkeit.
Im sozialen Bereich bedeutet dies insbesondere die Wahrung grundlegender Arbeitsrechte, den Ausschluss von Kinder- und Zwangsarbeit sowie die Einhaltung von Arbeitsschutz und Vereinigungsfreiheit. Auch Aspekte wie Geschlechtergerechtigkeit, Gesundheitsschutz und existenzsichernde Löhne sind von zentraler Bedeutung. Ökologisch nachhaltige Textilien zeichnen sich durch umweltfreundliche Rohstoffe, ressourcenschonende Produktionsverfahren und den reduzierten Einsatz von Chemikalien aus. Der Einsatz von Bio-Baumwolle oder recycelten Fasern kann einen wichtigen Beitrag leisten, sofern die Herkunft der Materialien transparent ist und andere Recyclingkreisläufe nicht beeinträchtigt werden. Darüber hinaus spielt die Nutzungsphase eine wesentliche Rolle: Langlebige, reparierbare und recycelbare Textilien senken den Ressourcenverbrauch und reduzieren Abfall. Wirtschaftlich nachhaltig sind Textilien dann, wenn ihre Qualität und Lebensdauer langfristig Kosten sparen – auch wenn der Anschaffungspreis zunächst höher ist.
Vom Mehrwert einer nachhaltigen Textilbeschaffung
Die Einführung nachhaltiger Beschaffungsprozesse kann zunächst mit einem höheren Bedarf an Ressourcen, Informationsaufwand und Abstimmung einhergehen. Erfahrungen aus der Praxis zeigen jedoch, dass sich für diese Herausforderungen tragfähige Lösungsansätze finden lassen und bereits zahlreiche Hochschulen erfolgreich vorangehen. Im Sinne eines Whole Institution Approach wird deutlich, dass selbst kleinere Anpassungen im Beschaffungsmanagement wirksame Hebel für mehr Nachhaltigkeit darstellen und positive Impulse für andere Bereiche der Hochschule auslösen können. Eine konsequent nachhaltige Textilbeschaffung trägt somit nicht nur zur ökologischen und sozialen Verantwortung bei, sondern stärkt zugleich die Zukunftsfähigkeit der gesamten Institution.
Diese Seite ist im Rahmen des Projekts Fair Wear Works von FEMNET e.V. entstanden. Es wird gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und mit freundlicher Unterstützung von Fairtrade Deutschland und der Deutschen Postcode Lotterie.

- ↑ 1,0 1,1 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) (Hrsg.). Mai 2024. Leitfaden der Bundesregierung für eine nachhaltige Textilbeschaffung der Bundesverwaltung. 3. Auflage, unter: https://www.bmz.de/resource/blob/147140/leitfaden-nachhaltige-textilbeschaffung.pdf [Zuletzt abgerufen am 11.11.2025].
- ↑ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (Hrsg.). 2024. Nachhaltige Textilien für die Freie Wohlfahrtspflege, unter: https://femnet.de/informationen/materialien-medien/broschueren-flyer/materialien-fuer-unternehmen/4707-handreichung-nachhaltige-textilien-fuer-die-wohlfahrtspflege.html [Zuletzt abgerufen am 11.11.2025].
- ↑ 3,0 3,1 Engagement Global. 2025. Kompass Nachhaltigkeit, unter: https://www.kompass-nachhaltigkeit.de/grundlagenwissen/risiken-in-lieferketten/bekleidung-und-textilien. [Zuletzt abgerufen am 11.11.2025].
- ↑ McKinsey & Company (2020). Fashion on climate, unter: https://www.mckinsey.com/%20industries/retail/our-insights/fashion-on-climate [Zuletzt abgerufen am 11.11.2025].
- ↑ 5,0 5,1 Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (2019). Soziale und ökologische Herausforderungen der globalen Textilwirtschaft, unter https://www.idos-research.de/uploads/media/DIE_Publikation_Textilwirtschaft_2019.pdf [Zuletzt abgerufen am 11.11.2025].
- ↑ FEMNET e. V. (Hrsg.). 2019. Möglichkeiten einer ökologisch und sozial nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, unter: https://femnet.de/download/send/22-beschaffung/98-moeglichkeiten-einer-oekologischen-sozial-nachhaltigen-beschaffung-femnet-leitfaden.html [Zuletzt abgerufen am 11.11.2025].