Einbindung von Studierenden im Bereich Nachhaltigkeit
| Einbindung von Studierenden im Bereich Nachhaltigkeit | |
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| Studierenden kommt innerhalb der Hochschulen eine besondere Rolle auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit an Hochschulen zu. Sie können sowohl eine wichtige treibende Kraft innerhalb der Hochschulen sein und gleichzeitig eine lang-fristige Wirkung in die Gesellschaft hinein entfalten, indem sie in der Hochschule Erlerntes und Erlebtes als Multiplikator:innen weitergeben. | |
| Handlungsfelder | |
Lehre, Governance
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| Projektbezug | |
Transformationspfade (traNHSform)
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Kurzbeschreibung
Hochschulen gelten als wichtige Akteure auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit: Zum einen treiben sie mit neuen Innovationen und Ideen Nachhaltigkeit in allen Facetten voran und zum anderen sollen sie als Vorreiter und gutes Beispiel für andere vorangehen. Studierenden kommt hierbei innerhalb der Hochschulen eine besondere Rolle zu. Sie können sowohl eine wichtige treibende Kraft innerhalb der Hochschulen sein und gleichzeitig eine langfristige Wirkung in die Gesellschaft hinein entfalten, indem sie in der Hochschule Erlerntes und Erlebtes als Multiplikator:innen weitergeben.
Einflussfaktoren
Viele Hochschulen stehen vor der Herausforderung, Studierende insbesondere für ein freiwilliges Engagement im Bereich Nachhaltigkeit zu gewinnen. Dabei gibt es unterschiedliche Einflussfaktoren, die das Engagement beeinflussen, darunter auch durchaus gute Gründe aus der Perspektive der Studierenden, sich nicht einbinden zu lassen:
Die Einflussfaktoren zeigen eine sich verändernde Situation an Hochschulen über die letzten Jahre, die sich zum Teil durch die Covid-Pandemie nochmals verstärkten. Durch die digitale Lehre und die zunehmende Zahl der Pendler-Studierenden nimmt beispielsweise die Identifikation mit der Hochschule ab. Dies führt wiederum zu einem geringeren Interesse, sich an der Hochschule zu engagieren. Dabei hängt die Zunahme der Pendler-Studierenden auch mit den steigenden Lebenshaltungs- und Mietkosten zusammen, die zudem häufig zu einem höheren Anteil an Studierenden mit einem Nebenjob führt. All dies geht bei einigen Hochschulen mit einem generellen geringeren Engagement von Studierenden einher, was durch die veränderte öffentliche Priorität des Themas Nachhaltigkeit in diesem Bereich nochmals verstärkt wird.
Gleichzeitig sehen viele Akteure an Hochschulen eine aktive Verantwortung gegenüber Studierenden und der Gesellschaft, um nachhaltige Entwicklung zu unterstützen und zu fördern. Dies führt zu einem Spannungsverhältnis zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung: Während durch freiwillige Angebote meist insbesondere bereits Nachhaltigkeitsinteressierte erreicht werden und nur wenig weitere Personen an das Thema Nachhaltigkeit herangeführt werden können, findet sich im Rahmen von verpflichtenden Lehrveranstaltungen gegebenenfalls eine geringere intrinsische Motivation der Teilnehmenden. Zugleich sind zumeist die Ressourcen begrenzt, um etwa förderliche Anreizsysteme zu schaffen, um die Attraktivität von freiwilligen Aktivitäten zu erhöhen. Dabei lässt sich zwischen einer Vielzahl von Einbindungsmöglichkeiten von Studierenden in die Thematik der Nachhaltigkeit unterscheiden.
Formen studentischer Beteiligung
Neben Pflichtmodulen oder verpflichtenden Einführungsveranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit über alle Studiengänge hinweg, gibt es auch sehr unterschiedliche Möglichkeiten, Studierende auf freiwilliger Basis zu beteiligen. Die Bandbreite reicht von Aktivitäten mit wenig Aufwand und sehr niedrigen Einstiegshürden wie Ringvorlesungen – d. h. bereits bekannte Vorlesungsformate ohne hohes Commitment und mit spontaner Teilnahme – bis zu Engagement mit einem weitaus höheren Zeitaufwand und Verbindlichkeiten wie die Mitarbeit in Gremien. Dabei unterscheiden sich auch die Motivationsfaktoren. Während bei Lehrveranstaltungen und studentischen Hilfskräften eine höhere extrinsische Motivation in Form von ECTS-Punkten, Zertifikaten oder einem monetären Ausgleich gegeben ist, basieren studentisches Engagement und studentische Teilhabe vor allem auf intrinsischer Motivation. Zwar gibt es auch bei letzterem teilweise Bescheinigungen oder Anerkennungen, jedoch in geringerem Ausmaß und nicht zwangsläufig.
Lehrveranstaltungen
- Service-Learning Seminare (SLS): Ziel dieser Lehrformate ist die Anwendung des Erlernten in der Praxis. Dabei wird akademisches Lernen mit gesellschaftlichem Engagement verbunden. Meist sind dabei unterschiedliche Praxispartner involviert.
- Praxiseinsätze: Hier können, ähnlich wie bei SLS, Studierende ihr erlerntes Wissen in der Praxis anwenden. Dabei kann es sich auch um Praxis auf den eigenen Campus handeln.
- Abschlussarbeiten: Durch Abschlussarbeiten können Studierende direkt in die Forschung zum Thema Nachhaltigkeit eingebunden werden.
- Extracurriculare Angebote: Lehrveranstaltungen, die über die verpflichtenden Angebote hinausgehen. Beispiele können etwa Nachhaltigkeitszertifikate oder Ringvorlesungen zum Thema Nachhaltigkeit sein.
Studentisches Engagement
- Gremien und Round Tables: Einbeziehung von Studierenden in Gremien und andere Diskussionsformate mit Bezug zu Nachhaltigkeit, um ihnen auch in formalen Strukturen eine Stimme zu geben.
- Initiativen: Initiativen im Bereich Nachhaltigkeit können sich mit sehr unterschiedlichen Themen auseinandersetzten, die bspw. die Campusgestaltung betreffen.
- Netzwerke: Studentische Netzwerke, die meist über die eigene Hochschule hinausgehen und die Vernetzung mit anderen Hochschulen ermöglichen (Bsp. netzwerk n)
Studentische Hilfskräfte
- Green Office: Studentisches Nachhaltigkeitsbüro, um Studierenden die Möglichkeit zu geben eigene Nachhaltigkeitsakzente an der Hochschule zu setzen und Veranstaltungen/Aktivitäten zu realisieren.
- Forschung: Einbeziehung von Studierenden in Forschungsprojekte zum Thema Nachhaltigkeit als studentische Hilfskräfte.
Studentische Teilnahme
- Veranstaltungen und Workshops: Hier sind der Kreativität meist keine Grenzen gesetzt, von klassischen Vorträgen, Nachhaltigkeitsspielen, Kleidertauschveranstaltungen bis zu inhaltlichen Workshops.
- Einbindung in Reallabore/-experiment: Experimentierräume inmitten der Gesellschaft, sodass in und mit der Gesellschaft Wissenschaft gemacht wird, häufig in Form eines Experiments (d.h. Realexperiement).
- Befragungen: Befragungen dienen zum einen der Datengewinnung, gleichzeitig können sie zum Awareness-Rising eines Themas beitragen (z.B. Mobilitätsumfrage).
Chancen und Möglichkeiten Studierende stärker einzubeziehen
Durch die vielfältigen Möglichkeiten, Studierende in Nachhaltigkeitsaktivitäten einzubinden, haben einige Hochschulen durch kreative Ansätze Chancen und Möglichkeiten gezeigt, wie dies trotz aller Herausforderungen funktionieren kann. Dabei gilt es, sich die Perspektive der Studierenden zu vergegenwärtigen, ihnen dort zu begegnen, wo ihre Interessen liegen und wo sie örtlich verankert sind sowie ihnen den persönlichen Nutzen und die Selbstwirksamkeit ihres Engagements zu verdeutlichen.
- Nachhaltigkeit als fixen Bestandteil in der Lehre integrieren. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze, Nachhaltigkeit etwa fest in Curricula zu integrieren oder allgemeine Pflichtveranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit über alle Studiengänge hinweg zu etablieren. Der Erfolg einer Lehrveranstaltung beginnt bereits mit einem ansprechenden Seminartitel und einer gezielten Bewerbung.
- Service-Learning Seminare und Praxiseinsätze an den Hochschulen ausbauen und bekannter machen und den Mehrgewinn auch den Studierenden gegenüber kommunizieren, da diese Erfahrungen durchaus berufsrelevant sein können.
- Abschlussarbeiten und Praxisphasen sind meist fest in Studiengängen verankert. Hier bietet sich die Möglichkeit durch entsprechende Angebote und Kontakte Studierende auch auf nachhaltige Themen und Unternehmen bzw. soziale Einrichtungen aufmerksam zu machen. Insbesondere Abschlussarbeiten oder studentische Hilfskräfte müssen hier bei Forschungsanträgen von vornherein mitgedacht werden.
- Für die Kommunikation unterschiedliche zur Verfügung stehende Wege nutzen. Da E-Mails nur bedingt bei den Studierenden ankommen und auch die Erreichbarkeit über Social Media sich meist als schwierig gestaltet, ist es wichtig auch andere Kanäle zu bespielen. So sind Poster und Flyer, wenn zielgruppenadäquat, ansprechend aufbereitet und strategisch platziert, immer noch äußerst effektiv. Zudem ist es sinnvoll, Veranstaltungen - etwa die Erstsemesterbegrüßung - zu nutzen, um auf Nachhaltigkeitsaktivitäten hinzuweisen.
- Bestehende Prozesse und Strukturen nutzen. Studierende haben, anders als das Hochschulpersonal, meist weniger formale Prozesse und Strukturen, etwa auch zur Informationsweitergabe. Umso wichtiger ist es, die bestehenden Strukturen zu nutzen und beispielsweise über Fachbereiche/Fachbereichsräte oder den AStA Informationen weiterzugeben und auf Veranstaltungen aufmerksam zu machen.
- Green Offices etablieren und in Veranstaltungen einbeziehen. Durch Hilfskraftstellen in Green Offices können für Studierende finanzielle Anreizstrukturen geschaffen werden, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen und aktiv an der Umsetzung an der Hochschule mitzuwirken. Zwar gibt es gegebenenfalls andere, finanziell attraktivere Nebenjobs für Studierende, jedoch kann durch eine flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortgestaltung und eine gestalterische Freiheit in den Aufgaben die Attraktivität erhöht werden. Dabei ist es wichtig den Studierenden Raum zu geben und sich bewusst zu machen, dass diese gegebenenfalls anders arbeiten als Hochschulmitarbeitende.
- Die zeitliche Planung an die Semesterzeiten der Studierenden anpassen. Der Alltag Studierender ist von Vorlesungszeiten, Prüfungsphasen und vorlesungsfreien Zeiten geprägt. Dabei ist Zeit während Prüfungsphasen meist ein knappes Gut und häufig sind Studierende während der vorlesungsfreien Zeit nicht an ihrem Hochschulort. Daher ist es wichtig, Veranstaltungen und Angebote während der Vorlesungszeiten zu platzieren und diese an andere Veranstaltungen unter der Woche anzuschließen, sodass Studierende nicht zusätzlich am Wochenende zur Hochschule gehen müssen, um teilzunehmen.
Beispiele aus der Praxis
Es gibt einige positive Praxisbeispiele von den Universitäten und Hochschulen, die Grund zur Inspiration bieten. Sie zeigen, wie die Einbindung von Studierenden umgesetzt und bestehende Herausforderungen im Umgang dessen bewältigt wurden.
Die ausgewählten Beispiele verdeutlichen, dass studentisches Engagement nicht nur punktuell wirkt, sondern strukturell verankert und studienübergreifend eingebunden werden kann – von der Mitgestaltung im Gremium bis zur aktiven Beteiligung in Lehre und Praxis.
Forderung von Bottom-Up Initiativen und Studierenden ernst nehmen
Bottom-up Initiativen und Forderungen von Studierenden können wichtige Impulsgeber bzw. ein Anstoß für mehr Nachhaltigkeit sein. Entsprechende Unterstützung durch die Einrichtung, z.B. durch die Bereitstellung von Räumen, kann hier hilfreich sein. Dabei gelingt es den Studierenden manchmal sogar mehr Druck aufzubauen und klarere Forderungen zu formulieren als anderen Nachhaltigkeitsmitarbeitenden in der Hochschule.
Projekt Nachhaltige Mensa
Unter aktiver Einbindung von Studierenden wurde an einer Einrichtung die Mensa nachhaltiger und klimaneutraler gestaltet. Dabei wurden unter anderem vegane Essensangebote eingeführt sowie weitere umweltfreundliche Maßnahmen umgesetzt. Im Rahmen des Projekts erhielten die Studierenden ein Bewusstsein für universitäre Entscheidungs- und Beschaffungsprozesse, etwa in Bezug auf finanzielle Rahmenbedingungen und zeitliche Abläufe. Dies förderte ein gegenseitiges Verständnis zwischen Studierenden und Hochschulverwaltung und stärkte das Bewusstsein für die Komplexität nachhaltiger Transformation.
Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten studienübergreifend
Die Formen der studentischen Teilhabe sind vielfältig und gerade um eine Kultur des Engagements zu schaffen, wird Nachhaltigkeit in diesen Beispielen bereits frühzeitig im Studium und studienübergreifendend verankert.
Nachhaltigkeitspreis für Abschlussarbeiten
Eine weitere Hochschule prämiert seit 2011 jedes Jahr öffentlich Abschlussarbeiten (BA, MA, DISS), die sich mit dem Thema der Nachhaltigen Entwicklungen auseinandersetzen. Ein Blick auf die bisherigen Gewinner:innen zeigt, dass ein diverses Spektrum an Fachrichtungen sich mit dem Thema wissenschaftlich auseinandersetzt. Die Idee zur Umsetzung stammt dabei sogar aus einer Studierendeninitiative, was aufzeigt, dass dies von der Studierendenschaft gut angenommen wird.
Der Klimabeirat als Partizipationsinstrument für alle Statusgruppen
Der Wunsch nach „echter“ Mitbestimmung kann durch die Repräsentation von Studierenden in Gremien wie Klimabeiräten erfüllt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass nachhaltige Entwicklung auch durch Ideen der Studierenden geprägt wird, erfordert jedoch ebenfalls ein höheres Maß an Verantwortungsbewusstsein
Ansprechpersonen
Tabea Krauter, David Schmitz, Susanne Bührer
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI