Rechtliche Rahmenbedingungen Nachhaltige Beschaffung & Entsorgung: Unterschied zwischen den Versionen

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Leitfaden für nachhaltige Beschaffung und Entsorgung (LNBE)Rechtliche Rahmenbedingungen Nachhaltige Beschaffung & Entsorgung
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Aktuelle Version vom 14. Dezember 2025, 15:15 Uhr

Der Leitfadenbereich „Rechtliche Rahmenbedingungen“ erläutert die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben, die Hochschulen bei nachhaltiger Beschaffung und Entsorgung beachten müssen. Er versucht zu zeigen, wie Nachhaltigkeitsziele rechtssicher in Vergabe- und Entsorgungsprozesse integriert werden könnten. So bietet er Orientierung, um verantwortungsvolle Entscheidungen im Einklang mit geltendem Recht zu treffen.

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Bitte informieren Sie sich immer zum aktuellen Stand des rechtlichen Rahmens an Ihrer Hochschule.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Beschaffung

Die nachhaltige Beschaffung und Entsorgung an Hochschulen ist rechtlich in ein mehrschichtiges Gefüge aus EU-, Bundes- und Landesrecht eingebettet. Dieses Kapitel bündelt die wesentlichen Vorgaben. Die Beschaffung an Hochschulen ist in der Regel öffentlich-rechtlich organisiert und unterliegt daher dem Vergaberecht. Entsorgung und Kreislaufwirtschaft folgen dem Abfall- und Umweltrecht, insbesondere dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG).

Bitte informieren Sie sich stets zum aktuellen Stand des rechtlichen Rahmens an Ihrer Hochschule - bspw. Beschaffungsrichtline.

Bezug

Maßgebliche rechtliche Verpflichtungen

Bundesweit
Die Beschaffung durch Hochschulen unterliegt den Vorschriften des Vergaberechts. Dies regelt die Vergabe öffentlicher Aufträge und zielt darauf ab, Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb zu gewährleisten.

Die öffentliche Beschaffung muss Grundsätzen wie Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gerecht werden, dabei spielen aber auch soziale und ökologische Kriterien eine Rolle. Öffentliche Auftraggeber sind grundsätzlich frei darin, über die geltenden gesetzlichen Grundlagen hinaus weitere Vorgaben zu geben. Diese Vorgaben können auch Aspekte der Nachhaltigkeit betreffen. Anforderungen wie Umweltstandards und ethische Kriterien müssen in den Vergabeunterlagen klar und rechtlich zulässig formuliert werden. [1]

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung & die EU-Vergaberichtlinie 2014/24/EU erlauben es ausdrücklich, soziale und ökologische Aspekte sowie Qualität und Innovation in das gesamte Vergabeverfahren zu integrieren. [2]

Regeln und Vorschriften für die öffentliche Vergabe


Oberschwellen - Bereich (EU Vergabeverfahren) Auftragswert ≥ 140.000€

Unterschwellen - Bereich (Nationales Vergabeverfahren) Auftragswert ≤ 140.000€

Nach den geltenden vergaberechtlichen Vorschriften ist der Zuschlag sowohl im Ober- wie im Unterschwellenbereich nicht auf das billigste, sondern auf das "wirtschaftlichste" Angebot zu erteilen.


Grundsätze der Vergabe (§97 GWB, §2 UVgO, VgV)
  1. Vergabe im Wettbewerb, Transparente Verfahren, Wirtschaftlichkeit, Verhältnismäßigkeit
  2. Gleichbehandlung der Teilnehmer
  3. Aspekte der Qualität, Innovation, soziale und umweltbezogene Aspekte werden nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt
  4. Berücksichtigung mittelständischer Interessen (Teil- und Fachlose)
  5. Verwendung elektronischer Mittel
  6. Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden


Gesetzestexte
  • §97 GWB Teil 4 (Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen)
  • §2 UVgO (Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte)
  • VGV (Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge)
  • §45 KrWG (Pflichten der öffentlichen Hand)
  • § 58 VgV, §43 UVgO, §127 GWB (Zuschlag & Zuschlagskriterien)
  • §59 VgV (Berechnung von Lebenszykluskosten)
  • §23 UVgO (Leistungsbeschreibung)
  • §8 VgV (Dokumentation der Vergabe)
  • Kernarbeitsnormen ILO ( Grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit)
  • KrWG (Kreislaufwirtschaftsgesetz)
  • LkSG (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz)
  • KSG (Klimaschutzgesetz)


Bundesland

Derzeit existieren zwölf Landesvergabegesetze, die soziale Nachhaltigkeit in der einen oder anderen Form verankern. Einzige Ausnahmen bilden hier der Freistaat Bayern und Nordrhein-Westfalen. Neben den Landesvergabegesetzen werden in vielen Bundesländern über Haushaltsgrundsätze und andere Rechtsvorschriften Vorgaben gemacht, die sich auf das Vergabeverfahren auswirken können. Hierzu zählen insbesondere Wertgrenzen, bei deren Unterschreitung bestimmte Verfahrensarten im Unterschwellenbereich zulässig sind.


Weiterführende Informationen

Entsorgung

Bitte informieren Sie sich immer zum aktuellen Stand des rechtlichen Rahmens an Ihrer Hochschule - bspw. Entsorgungsrichtline. Eine ausführliche rechtliche Betrachtung befindet sich auch im Leitfaden-Kapitel Prozesse Nachhaltige Entsorgung

Die Entsorgung in Hochschulen ist primär durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)[8] und die EU - Abfallrahmenrichtlinie[9] geregelt. Kernelement der Richtlinie ist die fünfstufige Abfallhierarchie, die vorschreibt, nach welcher Priorität Abfall zu behandeln ist.

Abfallhierarchie (KrWG §6)

  1. Vermeidung
  2. Vorbereitung zur Wiederverwendung
  3. Recycling
  4. sonstige Verwertung
  5. Beseitigung

Die Leitfäden HOCH-N[4] und HNEE[10] greifen diese Hierarchie explizit auf und empfehlen Hochschulen, Re-Use-Systeme sowie getrennte Sammelsysteme zu etablieren.

Pflicht zur Getrenntsammlung (§ 9 KrWG)

Bezieht sich auf Papier, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle u.a.

Produktverantwortung (§ 23 KrWG)

Hersteller und Nutzer tragen Verantwortung für umweltgerechtes Design, Nutzung und Entsorgung.

Spezifische Hochschulbereiche

  • Labore (Gefahrstoffe, Altchemikalien)
  • IT-Geräte (WEEE-Richtlinie, ElektroG)
  • Möbel und Büroausstattung (Re-Use-Pools)

Der Umweltleitfaden Hamburg[11] nennt praxisnahe Vorgaben zur umweltverträglichen Entsorgung und Abfallvermeidung.

Die Abfall - ABC-Seite der Freien Universität Berlin[12] dient als anschauliches Good-Practice-Beispiel für Hochschulen, die ihre nachhaltigen Entsorgungsstrukturen klar, niedrigschwellig und zielgruppenorientiert kommunizieren möchten. Die Seite zeigt, wie Hochschulen komplexe Abfallstrukturen transparent darstellen und gleichzeitig zu ressourcenschonendem Verhalten motivieren können. Sie eignet sich daher ideal als Vorbild für eine moderne, gut strukturierte und nutzerfreundliche Entsorgungskommunikation im Hochschulkontext. Weitere Informationen finden sich hier: Prozesse Nachhaltige Entsorgung#Good Practise

Kreislaufwirtschaft (Circular Economy)

Bitte informieren Sie sich immer zum aktuellen Stand des rechtlichen Rahmens an Ihrer Hochschule - bspw. Entsorgungsrichtline. Eine ausführliche rechtliche Betrachtung befindet sich auch im Leitfaden-Kapitel Prozesse Nachhaltige Entsorgung.

Circular Economy (CE) gewinnt im Hochschulkontext rasant an Bedeutung, weil Hochschulen große Material- und Produktmengen umsetzen. CE ist damit nicht nur Umweltrecht[8], sondern integraler Bestandteil nachhaltiger Hochschulbeschaffung.

Verlängerung der Produktlebensdauer

– Reparierbarkeit, Wartung, modulare Bauweise

Förderung von Re-Use

– Re-Use-Pools für Möbel

– interne Weitergabe von IT-Equipment

Einsatz von Recyclingmaterialien

– Papier, Kunststoffe, Reinigungsmittel, Textilien

Lebenszyklusansatz

– Kaufentscheidung muss Entsorgung mitdenken

Kritische Diskussion (Reflexion)

Spannungsfelder im Rechtsrahmen

  • Vergaberecht verlangt Wirtschaftlichkeit, während ökologische Kriterien teils höhere Anfangskosten aufweisen.
  • Nachhaltigkeitsanforderungen sind zwar erlaubt, aber Interpretationsspielräume führen zu Unsicherheiten[5]

Herausforderungen für Hochschulen

  • Komplexe Rechtslage: EU–Bund–Land–Hochschule → hohe Kompetenzanforderungen.
  • Fehlende Daten zur Lebenszyklusbewertung.[4]
  • CE-Umstellungen erfordern organisatorische Umbauten (z. B. Re-Use-Systeme).

Chancen

  • Rechtsrahmen unterstützt nachhaltige Beschaffung zunehmend.
  • Hochschulen genießen Gestaltungsspielräume, etwa bei Ausschreibungskriterien.
  • CE kann Kosten reduzieren und ökologische Vorteile schaffen.

Annahme: Rechtliche Hürden bestehen weniger als vermutet; größere Barrieren liegen in Organisation, Wissen und Praxisumsetzung.


Quellen

  1. Holtbernd, Jil Carmen, und Lena van der Kamp. Einkauf an Hochschulen nachhaltig gestalten: Praxisleitfaden für die öko-soziale Beschaffung von Lebensmitteln und Textilien. Bonn: FEMNET e.V. und Fairtrade Deutschland e.V., 2024. Zugriff am 28. November 2025. https://femnet.de/download.html?task=download.send&id=328:einkauf-an-hochschulen-nachhaltig-gestalten&catid=70
  2. Hermann, Andreas, und Jens Gröger. Umweltfreundliche Beschaffung – Schulungsskript 1: Grundlagen der umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt, Oktober 2023. Zugriff am 28. November 2025. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/umweltfreundliche_beschaffung_schulungsskript_1.pdf
  3. Schneider, Thomas und Vanessa Schmidt. Regelungen der Bundesländer auf dem Gebiet der umweltfreundlichen Beschaffung. Texte 126/2020. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt, Juli 2020. Zugriff am 28. November 2025. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-07-02_texte_126-2020_regelungen-bundeslaender-beschaffung.pdf
  4. 4,0 4,1 4,2 HOCH-N Verbundprojekt. *Nachhaltigkeit im Hochschulbetrieb: Ein Leitfaden.* Hamburg: HOCH-N, ca. 2018. Zugegriffen am 3. Dezember 2025. https://www.hochn.uni-hamburg.de/-downloads/handlungsfelder/betrieb/hoch-n-leitfaden-nachhaltiger-hochschulbetrieb.pdf
  5. 5,0 5,1 Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME). *BME-Leitfaden nachhaltige Beschaffung.* 2. Auflage, Version 2. Eschborn: BME, 2021. Zugegriffen am 3. Dezember 2025. https://jaro-institut.de/wp-content/uploads/2021/11/BME-Leitfaden-Nachhaltige-Beschaffung_final_09112021.pdf
  6. Umweltbundesamt. „Leitfäden“ (Suchergebnis im Portal „Umweltfreundliche Beschaffung“). *Umweltbundesamt* (Suchseite). Zugegriffen am 3. Dezember 2025. https://www.umweltbundesamt.de/search/content/leitfaden?keys=leitfaden&f%5B0%5D=im_field_tags_portals%3A70
  7. Leitfaden zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung von Reinigungsdienstleistungen und -mitteln.* Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt, 2012 (Anlage 2017 aktualisiert). Zugegriffen am 3. Dezember 2025. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/leitfaden_zur_nachhaltigen_oeffentlichen_beschaffung_von_reinigungsdienstleistungen.pdf
  8. 8,0 8,1 Bundesministerium der Justiz. Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). 24. Februar 2012. https://www.gesetze-im-internet.de/krwg_2012/
  9. European Parliament and Council. Directive 2008/98/EC on Waste and Repealing Certain Directives. 19 November 2008. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32008L0098
  10. Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE). *Richtlinie nachhaltige Beschaffung.* Eberswalde: HNEE, 2023. Zugegriffen am 3. Dezember 2025. https://www.hnee.de/fileadmin/global-content/themen/hochschule/nachhaltigkeitsmanagment/250604_Richtlinie_Nachhaltige-Beschaffung_2023.pdf
  11. Behörde für Umwelt und Energie der Freien und Hansestadt Hamburg. *Leitfaden für umweltverträgliche Beschaffung der Freien und Hansestadt Hamburg (Umweltleitfaden 2019).* Hamburg: Freie und Hansestadt Hamburg, 2019. Zugegriffen am 3. Dezember 2025. https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bukea/themen/nachhaltigkeit/nachhaltige-beschaffung/umweltgerechte-beschaffung-2019-170620
  12. Freie Universität Berlin. „Abfall-ABC.“ Zugriff am 4. Dezember 2025. https://www.fu-berlin.de/sites/ggm/verwertung_entsorgung/Abfall_ABC/index.html
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