Prozesse Nachhaltige Beschaffung
Der Leitfadenbereich „Prozesse nachhaltige Beschaffung an Hochschulen“ zeigt, wie Hochschulen ihre Einkaufsstrukturen ökologisch, sozial und ökonomisch verantwortungsvoll gestalten können. Er bietet praxisnahe Ansätze, um Nachhaltigkeitskriterien systematisch in Beschaffungsprozesse zu integrieren. So kann nachhaltiges Handeln im Hochschulalltag verankert und ein wichtiger Beitrag zur Erreichung von Klimazielen geleistet werden.
Das Arbeitspaket „Nachhaltigkeit bei Einkauf, Beschaffung und Entsorgung“ wird vom Institut für angewandte Logistik (THWS) im Rahmen des Projektvorhabens REKLINEU erarbeitet.
Alle im Folgenden dargestellten Inhalte erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Falls weitere Optionen bekannt sind oder veraltetete Kontakte bestehen: Nicht zögern - einfach mitmachen und ändern.
Oder DG HochN kontaktieren: https://www.dg-hochn.de/kontakt
THG-Bilanzierung Datenerfassung
Erfahren Sie, wie die Datenerfassung zur THG-Bilanzierung aussehen könnte, um nachhaltige Beschaffungsprozesse an Hochschulen wirkungsvoll zu optimieren. Lernen Sie wichtige Schritte kennen, um Daten effizient zu erfassen und transparent zu verwalten. Achten Sie darauf, präzise und konsistente Informationen zu sammeln, um den CO₂-Fußabdruck strategisch reduzieren zu können.
Prozessbeschreibung
Um eine Bilanzierung aller Beschaffungen und Entsorgungen durchzuführen müssen die Aktivitäteten dieser Bereiche dokumentiert und ausgewertet werden. Zur Dokumentation wurden im Rahmen des Arbeitspaketes 2 im Projekt REKLINEU Datenbedarfsblätter erstellt. Diese erfragen die jeweiligen Aktivitäteten in den verantwortlichen Abteilungen und beinhalten zudem die notwendigen Prozessschritte in Form von Kontakten und Informationen. Jede Hochschule wird bezüglich Ihrer Struktur unterschiedliche Abläufe haben. Als mögliche Vorgangsmuster finden Sie hier hilfreiche Vorlagen zu Prozess und Datenblättern:
Nähere Informationen zu Vorgehen und Inhalten finden sich unter Prozess Treibhausgasbilanz (REKLINEU).
Download Datenblätter
Die THG-Bilanzierungsdatenblätter für Hochschulen finden Sie auch direkt hier (es empfiehlt sich jedoch die entspreche Wiki-Seite komplett zu lesen):
Detail-Link Bilanzierungsdatenblätter zur Wiki Seite "Prozess Treibhausgasbilanz (REKLINEU)"
Bilanzierungstools
Eine weitere Übersicht zu nutzbaren Bilanzierungstools für Hochschulen finden Sie hier:
Schließung Datenlücken
Zur Schließung von Datenlücken innerhalb der THG-Bilanz im Bereich Beschaffung, wurde mithilfe des Life-Cycle-Assessment (LCA) Tools Umberto versucht, realitätsgetreue Emissionsfaktoren zu ermitteln. Dieses Vorhaben wurde ebenfalls durch das Arbeitspaket „Nachhaltigkeit bei Einkauf, Beschaffung und Entsorgung“ vom Institut für angewandte Logistik (THWS) im Rahmen des Projektvorhabens REKLINEU erarbeitet.
Vorgehen
Im Rahmen eines Projekts wurde mit dem LCA-Softwaretool Umberto eine Treibhausgas-(THG)-Bilanz für ein Whiteboard erstellt, um realitätsgetreue Emissionsfaktoren für den Beschaffungsbereich einer Hochschule zu ermitteln. Für die Berechnung wurden die Software Umberto in Kombination mit der Hintergrunddatenbank ecoinvent [1] verwendet, um Emissionsfaktoren für Materialien und Prozesse zu hinterlegen. Die Materialliste aus ChatGPT wurde entsprechend in Umberto implementiert.
Nähere Informationen zu Vorgehen und Inhalten finden sich unter Schließung Datenlücken THG-Bilanzierung (REKLINEU).
Ergebnis
Insgesamt zeigt das Ergebnis, dass Datenlücken und vereinfachte Annahmen zu einer Unterschätzung der Emissionen führen können – ein Befund, der die Bedeutung hochwertiger Datenbasis unterstreicht.
Fazit
Hochschulen bzw. kleinere Organisationen verfügen selten über die Ressourcen, alle prozess- und lieferkettenspezifischen Daten detailliert zu erheben. Dies deckt sich mit Erkenntnissen aus der Literatur, wonach vor allem Mangel an Daten und begrenztes Personal zu den Hauptbarrieren bei der Durchführung von LCAs gehören.
Digitale Werkzeuge
Informieren Sie sich über digitale Tools, die die nachhaltige Beschaffung an Hochschulen unterstützen. Erfahren Sie, welche Plattformen und eingesetzt werden können, um Beschaffung ganzheitlich zu betrachten und Nachhaltigkeit möglichst einfach umzusetzen – gerade auch bei einer dezentralen Struktur.
Einige mögliche digitale Anwendungen werden detailiert im Kapitel Bewertung Produkte und Dienstleistungen Nachhaltige Beschaffung & Entsorgung (LNBE) beschrieben und teilweise durch exklusive REKLINEU Ergebnisse vertieft. In diesem Fall wird im Folgenden direkt darauf verlinkt.
Plattformen
Softwarelösungen
Lebenszykluskostenberechnungen (LCC)
Eine Lebenszykluskostenberechnung (Life Cycle Costing, LCC) geht weit über den anfänglichen Anschaffungspreis eines Produkts hinaus, indem sie alle relevanten Kosten über die gesamte Lebensdauer eines Produkts, einer Dienstleistung oder einer Investition berücksichtigt – von der Anschaffung über Betrieb und Wartung bis zur Nutzung und schließlich Entsorgung. Dies umfasst nicht nur direkte Ausgaben wie Kaufpreis, Energieverbrauch oder Reparaturkosten, sondern auch Folgekosten wie Entsorgung, Umweltbelastung und mögliche Risiken, die erst im späteren Lebenszyklus auftreten können. Dadurch bietet LCC eine realistischere und nachhaltigere Entscheidungsbasis für Beschaffungsverantwortliche.[2]
Warum Lebenszykluskostenberechnungen im Hochschulkontext sinnvoll sind[2]
- Ganzheitliche Wirtschaftlichkeit: LCC hilft Hochschulen, Produkte und Systeme so zu bewerten, dass langfristige Kosten über die gesamte Lebensdauer sichtbar werden – damit können vermeintlich günstige Anschaffungen identifiziert werden, die langfristig teurer sind.
- Nachhaltige Beschaffung stärken: Indem Entsorgungskosten, Energieverbrauch oder Wartung mit einbezogen werden, lassen sich ökologische Aspekte eng mit ökonomischer Bewertung verbinden. Dies unterstützt strategische Entscheidungen im Sinne einer nachhaltigen Campusentwicklung.
- Ressourcen- und Risikoeffizienz: Langfristige Kostenanalysen fördern eine effizientere Nutzung von Ressourcen, weil sie versteckte Folgekosten (z. B. hohe Wartungskosten bei schlecht reparierbaren Produkten) sichtbar machen.
- Budgetplanung und Entscheidungssicherheit: Die frühzeitige Berücksichtigung aller Lebensphasen (inklusive Entsorgung) verbessert die Haushaltsplanung und lässt Hochschulen Risiken und Kosten besser steuern.
Vorgehensweise für eine LCC
- Definition der funktionellen Einheit: Legen Sie fest, was verglichen wird (z. B. „1 Laborgerät mit 10 Jahren Nutzung“).
- Festlegung von Systemgrenzen: Bestimmen Sie, welche Lebensphasen berücksichtigt werden (Anschaffung, Nutzung, Wartung, Entsorgung).
- Datensammlung: Ermitteln Sie Daten zu Kostenarten: Kaufpreis, Energie, Verbrauchsmaterialien, Wartung, Entsorgung.
- Berechnung: Diskontieren Sie zukünftige Kosten auf den heutigen Wert (Net Present Value) und summieren Sie alle Lebenszykluskosten.
- Auswertung: Vergleichen Sie Alternativen und identifizieren Sie langfristig wirtschaftlichere Lösungen.
Die EU-Kommission definiert LCC im Kontext der öffentlichen Beschaffung als die Betrachtung aller Kosten, die im Laufe der Lebensdauer eines Produkts, einer Leistung oder eines Projekts entstehen, und empfiehlt diesen Ansatz zur Unterstützung ökonomischer Nachhaltigkeit.[3]
Kompaktes Rechenbeispiel - Vergleich zweier Servermodelle (A und B) über 8 Jahre:
| Kostenart | Modell A (€) | Modell B (€) |
| Anschaffung | 20.000 | 25.000 |
| Energie & Betrieb (8 J.) | 16.000 | 12.000 |
| Wartung & Ersatzteile | 8.000 | 6.000 |
| Entsorgungskosten | 1.000 | 2.000 |
| Gesamte Lebenszykluskosten | 45.000 | 45.000 |
Ergebnisdiskussion: Obwohl Modell A günstiger in der Anschaffung ist, gleichen sich die Lebenszykluskosten beider Modelle aus – Modell B kann durch geringeren Energieverbrauch und Wartungskosten ökonomisch gleichwertig sein. Eine solche Analyse verhindert Fehlentscheidungen basierend nur auf dem Anschaffungspreis.
Download LCC-Rechner und Vorlagen
- Allgemeines LCC-Excel-Tool
Ein allgemeines Excel-Werkzeug, mit dem bis zu fünf Beschaffungsoptionen verglichen werden können. Es berücksichtigt Anschaffung, Betrieb und Entsorgung und ist speziell für öffentliche Beschaffer entwickelt.
- Produktspezifisches LCC-Excel-Tool
Spezifisches Excel-Tool zur Berechnung von Lebenszykluskosten für u. a. Computer, Multifunktionsgeräte, Rechenzentren, Monitore, Bodenbeläge, Kühlschränke, Geschirrspülmaschinen und Gartengeräte.
- UBA LCC-CO₂-Tool + Schulungsskript 2[2]
Das LCC-CO₂-Tool des Umweltbundesamts kombiniert Lebenszykluskosten mit CO₂-Kosten. Das dazugehörige Schulungsskript 2 erklärt Schritt für Schritt, wie man LCC inkl. CO₂-Preis in der öffentlichen Beschaffung anwendet. geeignet, wenn neben Kosten auch Klimawirkungen systematisch in Vergaben einbezogen werden sollen (z. B. für Klimaschutzkonzepte, CO₂-Bilanzen).
EU-Kommission – LCC-Tools für Green Public Procurement[3]
Die Europäische Kommission stellt sektorspezifische LCC-Tools bereit, z. B. für Computer & Monitore, Beleuchtung, Fahrzeuge, Gebäude, die direkt für öffentliche Vergabestellen entwickelt wurden. Besonders hilfreich, wenn Beschaffungen EU-rechtskonform mit GPP-Ansätzen (Green Public Procurement) aufgesetzt werden sollen.
Sonstige
Lieferantenselbstauskunft - Im Rahmen des Projektes REKLINEU entwickeltes Befragungstool (Basis: LimeSurvey) zur Marktrecherche zur Identifikation von nachhaltigen Unternehmen. Zusätzlich steht eine Bewertungsmatrix zur Auswertung der Rückmeldungen zur Verfügung.
Checklisten
Erhalten Sie Einblick in wichtige Checklisten zur Optimierung der nachhaltigen Beschaffung an Hochschulen. Diese Instrumente helfen, Prozesse systematisch zu überprüfen und nachhaltige Kriterien konsequent zu integrieren. Verwenden Sie Checklisten, um Effizienz und Nachhaltigkeit in Ihren Beschaffungsprozessen sicherzustellen.
Hier Links zu Gesetzen Entsorgung etc.
Transformation Verwaltung - Prozesse
Erfahren Sie, wie die nachhaltige Transformation der Verwaltung aussehen kann. Im Fokus stehen die Anpassung von Prozessen und Strukturen, um Nachhaltigkeitsziele effektiv zu integrieren. Nutzen Sie Verwaltungsprozesse, um langfristige Veränderungen hin zu mehr Nachhaltigkeit an Hochschulen zu fördern. Bitte lesen Sie auch den Hoch-N Wiki-Eintrag zu nachhaltiger Beschaffung.
Transformationsprozess THG-minimierte Beschaffung
Im Rahmen des Projektes REKLINEU wurde durch das Institut für angewandte Logistik (THWS) beispielhaft ein Fahrplan erarbeitet, welcher die Transformation hin zu einer nachhaltigen Beschaffung einer Hochschule darstellen könnte. Dieser mögliche Prozess steht zur Verwendung, Diskussion und / oder Inspiration als Projektergebnis REKLINEU Transformationsprozess Beschaffung zur Verfügung.
Nähere Informationen zu Vorgehen und Inhalten finden sich unter REKLINEU Transformationsprozess Beschaffung.
Schulungskonzept und Angebote
Das Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz stellt im Rahmen des Umwelt- und Klimapakt Bayerns ausführliche Unterlagen für Unternehmen hinsichtlich Nachhaltigkeits-Transformation zur Verfügung.
Unter anderem auch ein Schulungskonzept Nachhaltiger Einkauf.[5]
Weitere Schulungsmöglichkeiten
Link zu Kommunikation
Beschaffungsrichtlinie
Im Rahmen des Projektes REKLINEU wurden die Beschaffungsrichtlinien der Verbundhochschulen JMU, HWST, THWS und die der HNEE durch das Institut für angewandte Logistik (THWS) hinsichtlich hilfreichen Textbausteinen zur nachhaltigen Beschaffung geprüft. Diese Bausteine stehen zur Verwendung als Projektergebnis REKLINEU Bausteine Beschaffungsrichtlinie zur Verfügung.
Hier Tabelle nach Freigabe einfügen
Mehr zu Zielen, Hemnissen und Treibern finden Sie hier im Beitrag von Hoch-N. Herausgehoben wird hier auch die Kommunikation und Schulung aller Hochschulangehörigen als unabdingbare Gelingensbedingung: "Das Ziel der nachhaltigen Beschaffung wird daher nicht zwingend erreicht, indem ein top-down gesteuertes Verfahren etwa durch Modifikation von Beschaffungsrichtlinien oder im Hochschulbetriebssystem etabliert wird. Vielmehr müssen den an der Beschaffung beteiligten Personen im Rahmen eines kommunikativen und kontinuierlichen Austauschprozesses die vorstehend genannten Zusammenhänge argumentativ nachvollziehbar erläutert werden, um dadurch einen Prozess des Umdenkens und der Motivation anzustoßen."[6]
Quellen
- ↑ Datenbank: Ecoevent-3.11 (Rev. 1, 19.11.2024)
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Umweltbundesamt. Umweltfreundliche Beschaffung – Schulungsskript 2: Lebenszykluskostenrechnung in der öffentlichen Beschaffung. Dessau-Rosslau: Umweltbundesamt, 2025. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltfreundliche-beschaffung-schulungsskript-2-0
- ↑ 3,0 3,1 European Commission. Life-Cycle Costing (LCC) for Green Public Procurement. Accessed December 2025. https://green-forum.ec.europa.eu/green-business/green-public-procurement/life-cycle-costing_en
- ↑ Umweltbundesamt. “Berechnungswerkzeug für Lebenszykluskosten.” Last modified November 10, 2021. Accessed December 4, 2025. https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/umweltfreundliche-beschaffung/lebenszykluskosten
- ↑ Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), Hrsg. Schulungskonzept: Nachhaltiger Einkauf. Bearb. von sustainable AG: Michaela Goette-Köse, Dr. Albert Hans Baur. Augsburg: Bayerisches Landesamt für Umwelt, Infozentrum UmweltWirtschaft (IZU), Mai 2022. Teil des Bausteins „Nachhaltige Lieferkette“ im „Online-Tool Nachhaltigkeitsmanagement für KMU“, erstellt im Rahmen des Umweltpakts Bayern in Kooperation mit dem Bayerischen Industrie- und Handelskammertag e. V. (BIHK). https://www.umweltpakt.bayern.de/download/werkzeuge/nachhaltigkeitsmanagement/schulungskonzept_einkauf_2022.pdf.
- ↑ DG HochN-Wiki. “HOCH-N: Nachhaltige Beschaffung – Relevanz.” Last modified 23. September 2025 um 09:52 Uhr. Accessed November 20, 2025. https://wiki.dg-hochn.de/index.php?title=HOCH-N%3ANachhaltige_Beschaffung.
