HOCH-N:Hochschulen im gesellschaftlichen Kontext - Transfer als Austausch mit der Praxis
Hochschulen im gesellschaftlichen Kontext - Transfer als Austausch mit der Praxis | |
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Im Zuge einer sich rasch wandelnden Gesellschaft verändern sich die Ansprüche an Hochschulen. Jenseits von Lehre und Forschung übernehmen Hochschulen immer häufiger zusätzliche Aufgaben, die von der Gesellschaft eingefordert werden. Solche Aktivitäten sind charakterisiert durch Interaktionen zwischen Hochschulen und Akteur*innen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen und werden hier ganz allgemein als Transfer bezeichnet.
Viele Hochschulakteur*innen engagieren sich in die- sem Handlungsfeld, und bei den meisten Hochschulen gehört Transfer inzwischen zum Selbstverständnis. Sie versprechen sich davon einen Mehrwert, denn Praxis-Hochschul-Kooperationen verändern die – in der Regel – wissenschaftsimmanente Handlungslogik in Lehre und Forschung. In der Auseinandersetzung mit Akteur*innen aus der Gesellschaft und mit deren Expertise und Fragen, deren Ideen, Werten und Interessen tritt der Wissenschaft das „wahre Leben“ gegenüber, das sich nicht an Fachdisziplinen, Handbücher und Methoden hält, sondern quer dazu liegt. Das fordert das wissenschaftliche Denken heraus und bietet Möglichkeiten, Wissenschaft weiterzuentwickeln, zu vertiefen, neue Akteur*innen einzubeziehen und auf gesellschaftlichen Bedarf zu reagieren.
Auf diese Weise eröffnet Transfer einerseits der Hochschule Zugänge, um in die Gesellschaft hineinwirken und ihre Kompetenzen aus Forschung und Lehre in gesellschaftliche Gestaltungsprozesse einzubringen. In der Lehre können Praxis-Hochschul-Kooperationen die Anwendungsorientierung der Studiengänge erhöhen, die berufliche Qualifikation (Beschäftigungsfähigkeit) verbessern und ganz allgemein eine ganzheitliche Kompetenzorientierung im Studium unterstützen. In der Forschung können Wissenschaftler*innen mit Transfer wissenschaftliche Theorien, Konzepte, empirisches Wissen und methodische Kompetenz in der praktischen Anwendung testen, schärfen, in Frage stellen und gegebenenfalls erneuern.
Andererseits erhalten Hochschulen durch die Auseinandersetzung mit der Praxis eine Rückmeldung zum wissenschaftlichen Handeln. Dies reicht vom Bedarf an Wissen für gesellschaftlich relevante Probleme und Fragen, über Impulse für Forschungsfragen, bis hin zu Ideen für neue Verknüpfungen von Disziplinen. An die Lehre werden Anforderungen herangetragen wie beispielsweise die Bildung der Studierenden zu mündigen Bürger*innen oder der Qualifizierungsbedarf von Organisationen und Unternehmen, die Absolvent*innen einstellen. Dies kann dazu beitragen, die Qualität von Studiengängen zu verbessern und die Ziele von Ausbildungsprogrammen mit dem gesellschaftlichen Bedarf abzustimmen. In diesem Sinne kann Transfer sogar zu einem Treiber für eine Transformation von Hochschulen, die Antworten auf große Trends wie Digitalisierung oder nachhaltige Entwicklung suchen, werden.
Hochschulen betreiben Transfer in den unterschiedlichsten Facetten und mit einer großen Bandbreite an unterschiedlichen Partner*innen aus der Praxis. Entsprechend vielfältig sind Formen von Transfer wie z. B. Technologie- und Wissenstransfer, Weiterbildung, Beratung, Beteiligung am sozialen und kulturellen Leben, Teilnahme an Politikgestaltung, Wissenschaftskommunikation, Verträge mit Unternehmen, öffentlichen Trägern und Kommunen etc. (Roessler et al. 2015, S. 13). Angesichts dieser Vielfalt an Aktivitäten und Formen handelt es sich bei Transfer um ein offenes, vielleicht sogar schwammiges Handlungsfeld. Das Phänomen wird mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet, neben Transfer sind Praxis-Hochschul-Kooperationen, Hochschule im gesellschaftlichen Kontext, gesellschaftliche Verantwortung, Third Mission, societal collaboration etc. in der Diskussion (Nölting & Pape 2017). Die verschiedenen Konzepte weisen teilweise große Ähnlichkeiten und Überlappungen auf.
Third Mission von Hochschulen als drittes Aufgabenfeld neben Lehre und Forschung stellt ebenfalls den Bezug zu Praxisakteur*innen ins Zentrum. Third Mission wird definiert als eine Interaktion mit hochschulexternen Akteur*innen, die auf gesellschaftliche Bedürfnisse Bezug nimmt und mit der herkömmlichen Leistungserbringung in Lehre und Forschung allein nicht bedient werden kann, aber zumindest lose mit diesen beiden Leistungsprozessen der Hochschule gekoppelt ist. Dies umfasst gesellschaftliches Engagement (u.a. kulturelle, soziale und ökologische Angebote für und von Studierenden), Technologie- und Wissenstransfer (u.a. Wissenschaftskommunikation, Politikberatung) sowie Weiterbildung (Henke et al. 2016, S. 18). Aufgrund der großen Überschneidungen zwischen Transfer und Third Mission ist eine klare Abgrenzung schwierig. Das gilt insbesondere für das Thema nachhaltige Entwicklung, das auf einen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis angewiesen ist. Daher wird nachfolgend nicht mehr auf Third Mission eingegangen, aber auf Erkenntnisse aus dieser Fachdebatte zurückgegriffen, z. B. über verschiedene Wirkungsfelder von Third Mission, die Anforderungen an und die Bilanzierung von Third Mission (vgl. Henke et al. 2016; 2017; Roessler et al. 2015; Schneidewind 2016).
HERVORHEBUNG/KASTEN:
Lesetipp zu Third Mission:
Henke, Justus, Pasternack, Peer; Schmid, Sarah (2016). Third Mission bilanzieren. Die dritte Auf- gabe der Hochschulen und ihre öffentliche Kom- munikation (HoF-Handreichungen 8). Halle-Wittenberg, Institut für Hochschulforschung (HoF). https://www.hof.uni-halle.de/web/dateien/pdf/HoF-Handreichungen8.pdf
Roessler, Isabel; Duong, Sindy; Hachmeister, Cort-Denis (2015). Welche Mission haben Hochschulen? Third Mission als Leistung der Fachhochschulen für die und mit der Gesellschaft. Gütersloh: CHE gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung (Arbeitspaper 182). http://www.che.de/downloads/CHE_AP_182_Third_ Mission_an_Fachhochschulen.pdf
WEITER IM FLIEßTEXT
Angesichts der thematischen Bandbreite, der Akteursvielfalt und der unterschiedlichen Formate ist es das Ziel dieses Leitfadens, einen strukturierten Überblick über das Handlungsfeld Transfer an Hochschulen, dessen Potenziale und Grenzen zu geben. Er richtet sich an Transfer-Interessierte sowohl an „Einsteiger*innen“ ins Thema als auch an „Fortgeschrittene“, die bereits in Sachen Transfer aktiv sind. Der Leitfaden bietet über die Vielfalt von Transferaktivitäten eine systematisierende Übersicht und gibt Transferakteur*innen eine Orientierung, wie sie bei unterschiedlichen Kontextbedingungen Transfer entwickeln, erproben und ausbauen können. Mittels des Leitfadens können sie Transfer an ihrer Hochschule analysieren, dessen Potenziale identifizieren, für ihre Zwecke spezifizieren und vorantreiben. Da sich der wissenschaftliche Diskurs zu Transfer gerade erst formiert (Nölting & Pape 2017), wird Transfer nachfolgend über unterschiedliche Zugänge beschrieben. Es ist aber nicht das Ziel, den Begriff abschließend zu definieren, weil das einzelne Transferaktivitäten ausschließen könnte.
Eine erste Annäherung bietet ein Blick auf den Wandel des Transferverständnisses. Das traditionelle Verständnis von Transfer stellt den Technologietransfer aus der Hochschule in die Praxis in den Vordergrund. Dabei werden naturwissenschaftlich-technische Erkenntnisse aus der Forschung meist in Unternehmen für die konkrete Anwendung im Produktionsprozess transferiert. Gerade Fachhochschulen verfügen traditionell über enge Kontakte zur Wirtschaft (Roessler et al., 2015). Dann wurde der Begriff ausgeweitet auf Wissens- und Forschungstransfer, worunter eine Weitergabe von Forschungserkenntnissen aus allen Wissenschaftsdisziplinen in die Praxis bzw. für praktische Anwendungen verstanden wird. Dies umfasst einen Transfer auch in Einrichtungen der öffentlichen Hand wie Verwaltungen und Ministerien, z. B. in Form von Po- litikberatung sowie in die Zivilgesellschaft. Regionale Wirtschaftscluster und Innovationssysteme um Hochschulen und Forschungseinrichtungen herum können ebenfalls dazugezählt werden (Warnecke 2016). Nicht zuletzt gibt es die oben erwähnte Diskussion zu Third Mission von Hochschulen.
Einen zweiten Zugang zum Handlungsfeld bilden die Anstöße und Erwartungen der Politik an Hochschulen. Transfer ist in den letzten Jahren stärker in das Interesse der Wissenschaftspolitik gerückt. Der Wissenschaftsrat hat sich mit dem Thema befasst und festgehalten, dass Transfer „in einem breiten Sinne Interaktionen wissenschaftlicher Akteur*innen mit Partner*innen außerhalb der Wissenschaft aus Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik“ umfasst (Wissen- schaftsrat 2016, S. 5). Einen wichtigen Impuls für die konkrete Auseinandersetzung von Hochschulen mit dem Thema hat das Transferaudit des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft seit 2015 gegeben (vgl. nachfolgender Beispielkasten).
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Die zuständigen Landesministerien schreiben zunehmend Transfer als Aufgabe der Hochschulen in den Hochschulverträgen fest. Brandenburg hat als erstes Bundesland eine Transferstrategie verabschiedet, um die Zusammenarbeit von Wissenschaft mit Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zu verbessern (MWFK 2017). Eine besonders breite Wirkung kann der bundesweite Wettbewerb „Innovative Hochschule“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Länder, der 2016 als Pendant zur Exzellenzinitiative gestartet wurde, entfalten (vgl. Beispielkasten).
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Transferverständnis und Beschreibungsmerkmale von Transfer
Ganz allgemein charakterisieren Roessler et al. Transfer als Austauschbeziehungen, bei denen Leistungen von Hochschulen unmittelbar in Gesellschaft und Wirtschaft hineinwirken sowie umgekehrt als Strömungen aus Wirtschaft und Gesellschaft, die sich in der Hochschule niederschlagen. Dies führt „im optimalen Fall zu gesellschaftlicher Weiterentwicklung“ (Roessler et al. 2015, S. 39). Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft legt im Rahmen seines Audits ein breites Transferverständnis zu Grunde. Dabei wird „Transfer [...] als beidseitiger Austausch von Wissen, Dienstleistungen, Technologien und Personen verstanden. Er umfasst alle Formen der Kooperationsbeziehungen in den Bereichen Forschung und Lehre zwischen Hochschulen und externen Partner*innen in Wirtschaft, Politik, Kultur und öffentlichem Sektor.“ (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e. V.; Heinz Nixdorf Stiftung o. J., S. 1)
HERVORHEBUNG/EINRÜCKEN:
Stimme Transferexpert*in: „Nach meinem Wissen werden ja nicht nur Wissen, Ideen und Technologien transferiert, es geht auch um Handlungen, Vorstellungen, Ansichten und Werte. Also es geht um viel mehr als um das Haptische, Greifbare wie ‚Ich gestalte eine Maschine.‘ oder ‚Ich erläutere Leuten, wie ein Businessplan geschrieben wird.‘“ (Expert*in 01)
Daran anknüpfend versteht der Leitfaden unter Transfer einen Austausch von Wissen, Ideen, Erfahrungen und Technologien zwischen Hochschulen und externen Partner*innen. Dieser Austausch wird anhand folgender Merkmale spezifiziert.
Zu den Transferakteur*innen zählen auf Seiten der Hochschulen alle Hochschulmitglieder: Forschende, Lehrende, Studierende aller Fachrichtungen, Hochschulleitung und -verwaltung. Auf Seiten der außerhochschulischen Partner*innen gehören dazu Unternehmen und Wirtschaftsakteur*innen, Politik, Verwaltungen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Initiativen sowie Bürger*innen (Abb. 2). Transfer wird also jeweils von ganz unterschiedlichen Akteur*innen geprägt und lässt sich danach differenzieren, ob der Rahmen eher von der Hochschule oder der Praxis gestaltet wird. Die angestrebte Wirkung des Transfers kann entweder indirekt sein und eine große Bandbreite an Praxisakteur*innen adressieren, wobei die Intensität der Austauschbeziehung vergleichsweise gering ist, oder sie ist direkt und verfolgt mit eher hoher Intensität einen bestimmten Zweck bei den jeweiligen Transferpartner*innen.
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Die Themen und Inhalte, die transferiert werden, werden von den Interessen der Transferpartner*innen, deren wissenschaftlichem und/oder praktischem Bedarf bestimmt. Weiter sind deren Expertise und disziplinäre Verortung wichtig. Dabei gibt es einen wissenschaftlichen Bezug mit einer zumindest losen Kopplung an Lehre und Forschung (Henke et al. 2016).
Die Form der Zusammenarbeit ist dadurch charakterisiert, dass die Transferaktivitäten in einem gesellschaftlichen Kontext erfolgen, in dem Transfer gemeinsam und zum gegenseitigen Nutzen der Transferpartner*innen gestaltet wird. Sie arbeiten freiwillig zusammen und verfolgen gemeinsame und gegebenenfalls auch individuelle Ziele, z.B. die Lösung eines akuten Innovationsproblems. Der Zeithorizont der Kooperation kann unterschieden werden in kurzfristige, einmalige Transferaktivitäten, mittelfristige, sich wiederholende Kooperationen und langfristigen, institutionalisierten Transfer. Da Hochschulen öffentlich finanziert sind, sollten die Ziele und Aktivitäten des Transfers im Sinne wissenschaftlicher Transparenz prinzipiell offengelegt werden. Allerdings kann es im Interesse eines Kooperationspartners liegen, die Transparenz einzuschränken, wenn z.B. ein Unternehmen eine Innovation für die Vermarktung mitentwickelt. Dann können Bedingungen für die Einschränkungen der Transparenz vereinbart werden (wie z.B. in Förderrichtlinien des BMBF zur Veröffentlichungspflicht). Schließlich lässt sich die Zielorientierung des Transfers unterscheiden. Der Transfer kann operativ ausgerichtet sein, z. B. zur Lösung konkreter Probleme, strukturell, um z. B. Bedingungen in Handlungsfeldern zu verändern, und strategisch, um einen Beitrag zu gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen zu leisten.
HERVORHEBUNG/EINRÜCKEN:
Stimme Transferexpert*in: „Ich würde grundsätzlich die Unterscheidung zwischen den Transferformaten hinsichtlich der Zielgruppen machen. D.h. ein gutes Transferformat in die Zielgruppe Wirtschaft hinein sind Unternehmensbesuche, Unternehmerfrühstück und Abendveranstaltungen, die rein dem Austausch und Kennenlernen dienen. [...] Wenn es um gesellschaftliche Gruppen geht, im Sinne von NGOs, Non-Profit-Organisationen, Vereine und Sozialverbände, könnte ich mir ein ähnliches Format vorstellen. [...] Bei der Zielgruppe Bürger, Schüler, Lehrer, also bei den ganzen Multiplikatoren, die es in dem Kontext gibt, sind Ausstellungen oder Informationsmaterialien eine gute Möglichkeit, weil man da erstmal reinkommen muss.“ (Expert*in 01)
Angesichts der inhaltlichen und organisatorischen Bandbreite ist es sinnvoll, verschiedene Komplexitätsgrade von Transfer zu unterscheiden (vgl. Abb. 3):
a) Angebotsorientierung
Die Grundform von Transfer umfasst alle Kooperationen der Hochschule mit externen Partner*innen. Im Vordergrund steht eine weitgehend einseitige Übertragung von Wissen und Technologien von der Hochschule in die Praxis insbesondere aus der Forschung für die Anwendung im Praxiskontext. Die Hochschule macht von sich aus Angebote an gesellschaftliche Akteur*innen und vermittelt einseitig Erkenntnisse, Wissen und Produkte aus Lehre und Forschung ohne näher den gesellschaftlichen Bedarf zu ermitteln und ohne ein Feedback über die Wirkung des Transfers von den Praxispartner*innen einzuholen. Deswegen wird der Komplexitätsgrad als niedrig eingestuft. Solche Transferformen können mit einem geringen Ressourceneinsatz durchgeführt werden. Sie können eine vergleichsweise hohe Reichweite haben bzw. viele Personen erreichen, während die Interaktion von geringer Intensität ist. Beispiele sind Ausstellungen, populärwissenschaftliche und Transferveröffentlichungen, Vorträge, wissenschaftliche Weiterbildung, Wissenschaftskommunikation oder Technologietransfer für die praktische Anwendung z.B. in Unternehmen. Merkmale: einseitig, hohe Reichweite, geringe Intensität, geringer Ressourceneinsatz.
b) Austausch
Die Hochschulakteur*innen sind bestrebt, dass ihre Transferaktivitäten in der Praxis bzw. in der Gesellschaft Wirkung zeigen. Um diese erfassen und verbessern zu können, sind Rückmeldungen und Feedback-Schleifen der Praxisakteur*innen an die Hochschule erforderlich. Dafür erfragen Hochschulen den Bedarf und die Problemlagen der Praxis und versuchen, die Wirkung eines Transfers zu erfassen oder zumindest abzuschätzen. Ein wechselseitiger Austausch zwischen Akteur*innen der Hochschule und Akteur*innen der Praxis ist damit ein wesentliches Merkmal des Komplexitätsgrades „Austausch“. Beispiele sind wechselseitige Problembeschreibung für eine wissensbasierte Bearbeitung oder eine wechselseitige Bewertung von Wissen und Technologien im jeweiligen Handlungskontext.
Merkmale: wechselseitig, Feedback Schleifen, mittlere Reichweite und Intensität der Interaktion
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c) Ko-Produktion
Wenn Hochschulen mit Transfer gesellschaftliche Probleme und Themen aufgreifen und mit den Mitteln der Wissenschaft (theoretisches und empirisches Wissen, Methodenkompetenz, Kritik und Reflexion) bearbeiten möchte, dann wird Transfer nicht nur wechselseitig, sondern gemeinsam und auf Augenhöhe konzipiert und durchgeführt. Alle Transferpartner*innen bringen dabei ihre Kompetenzen, Stärken, Perspektiven in gemeinsame Lern- und Forschungsprozesse im Sinne einer Ko-Produktion ein. Diese Form von Transfer zielt auf eine Wirkung bei allen beteiligten Transferpartner*innen und gegebenenfalls in der Gesellschaft ab. Das Merkmal eines solchen auf Ko-Produktion abzielenden Transfers ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Beispiele sind eine gemeinsame Problembearbeitung, eine gemeinsame Entwicklung von Leitbildern oder (Nachhaltigkeits-)Visionen und eine hybride Entwicklung transformativer Lösungen (z.B. in Reallaboren).
Merkmale: gemeinsam, auf Augenhöhe, intensive Interaktion, geringe Reichweite, hoher Ressourceneinsatz
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HERVORHEBUNG/EINRÜCKEN:
Stimme Transferexpert*in: „[Wir] begegnen uns auf Augenhöhe. Wir sind nicht die Besserwisser, die euch mal die Welt erklären. Sondern wir nehmen eben die Probleme, die in der Gesellschaft existieren, egal wo, auf und versuchen uns auf diese Ebene einzulassen.“ (Expert*in 02)
WEITER IM FLIEßTEXT
Anhand der Komplexitätsgrade lässt sich der Charakter der Austauschbeziehung analysieren und einordnen. Die Unterscheidung beinhaltet ausdrücklich keine Wertung. Vielmehr haben die verschiedenen Abstufungen jeweils unterschiedlichen Stärken und Schwächen, so dass es darum geht, für den jeweiligen Anwendungskontext einen passenden Komplexitätsgrad abzuschätzen. Im Sinne einer breiten Verankerung von Transfer erscheint es sinnvoll, dass die Transferaktivitäten einer Hochschule oder eines Fachbereichs verschiedene Komplexitätsgrade abdecken, die sich auch wechselseitig unterstützen können.
Die Eigenschaften und Ausprägungen von Transfer unterscheiden sich schließlich danach, in welchem Handlungsfeld der Hochschule sie angesiedelt werden.
Transfer in der Lehre bezieht Praxisakteur*innen ein und richtet sich auch an sie. Dies reicht von Transferaufgaben mit Praxisbezug über Praxisexpert*innen und Betroffene im Hörsaal oder Seminar bis hin zur Einbettung von Lehre in ein Praxissetting. Transfer in der Lehre kann einseitig oder wechselseitig erfolgen bis dahin, dass der Lernprozess und die Lernergebnisse gemeinsam mit den Praxispartner*innen reflektiert werden. Entsprechend des Komplexitätsgrades Ko-Produktion gestalten Studierende, Lehrende und externe Praxispartner*innen den Lernprozess gemeinsam und verfolgen das Ziel, dass Transfer in der Lehre möglichst bei allen Beteiligten, einschließlich der Lehrenden, einen Lernprozess anstößt. Durch den Einbezug von Praxisakteur*innen werden neue Lehr-Lern-Kontexte geschaffen, bei denen Studierende selbst zu Transferakteur*innen werden können (Nölting et al. 2018a; Nölting et al. 2018b). Beispiele sind u.a.: studentische Projektarbeiten und Abschlussarbeiten mit Transferpartner*innen, duale Studiengänge, Praktika, Service-Learning, Mitwirkung von Transferpartner*innen in der Lehre, Mentoring und Coaching.
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Transfer in der Forschung kann von einer einseitigen, angebotsorientierten Wissensvermittlung über einen wechselseitigen Austausch in der Forschung mit Praxisakteur*innen bis hin zu einer Ko-Produktion auf Augenhöhe reichen. Eine anwendungsorientierte Forschung ist ohne Partner*innen aus der Praxis kaum denkbar. Bei der transdisziplinären Forschung werden lebensweltliche Probleme von Wissenschaftler*innen, Expert*innen aus der Praxis und Betroffenen gemeinsam bearbeitet (Hirsch Hadorn & Pohl 2006). Die letzten beiden Komplexitätsgrade von Transfer knüpfen an das Konzept der Transdisziplinarität an, bei der Problemstellungen gemeinsam formuliert (Ko-Design), Wissen und Konzepte im Austausch von Wissenschaft und Praxis erarbeitet (Ko-Produktion) sowie eine Reintegration dieses Wissens für die Nutzung in Wissenschaft und Praxis anstrebt wird (Bergmann et al. 2010; Lang et al.). Transdisziplinäre Forschung weist eine Gemeinwohlorientierung auf (Hirsch Hadorn & Pohl 2006). Transfer in der Forschung fokussiert auf einen gemeinsamen Anwendungs- und Umsetzungsprozess. Beispiele können sein: Forschungskooperationen, Gründungen, Patent- und Lizenzvereinbarungen, Ko-Publikationen, Gutachten und Mitwirkung in Beratungsgremien.
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Nicht zuletzt wird Transfer von den Rahmenbedingungen beeinflusst. Hierzu zählen externe Strukturbedingungen wie gesetzliche Regelungen sowie hochschulinterne organisatorische Bedingungen, die von den Hochschulen selbst gestaltet werden können (vgl. ausführlich dazu nachfolgendes Kapitel). Abbildung 4 gibt einen Überblick über die externen und internen Felder und Bedingungen bei der Ausgestaltung von Transfer an Hochschulen.
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